Vor einiger Zeit schrieb ich darüber, dass ich es problematisch finde, mit einer fertigen Diagnose in den therapeutischen Prozess zu gehen.
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Ich ziehe es vor, diese Diagnose auf jeden Fall mit Ihnen gemeinsam zu ermitteln. Dass wir uns nicht falsch verstehen: Ich möchte nicht Menschen aus Ihrem privaten Umfeld oder Fachleute herabwürdigen, indem ich etwa sage, das stimme gar nicht, was diese herausgefunden haben. Auch sind Sie möglicherweise mit Hilfe von Literatur zu einer Selbstdiagnose gekommen, die Ihnen sogar Halt gibt. Aber damit ich mit Ihnen arbeiten kann, brauche ich mein eigenes Bild, bei dem Sie mir helfen, es sichtbar zu machen. Wir arbeiten dann auf einer transparenten Grundlage miteinander.
Ebenso empfinde ich es als wenig hilfreich, wenn jemand mich etwa so fragt: „Machen Sie Hypnose, Sie machen doch Hypnose, und Sie machen doch EMDR? Da hat mir jemand gesagt, das hilft. Können Sie das bei mir machen?“ Auch hier verstehen Sie mich nicht falsch: Es kann durchaus sein, dass diese Idee genau die richtige ist. Und genau hierfür möchte ich mir mein eigenes Bild machen. Mit Ihnen gemeinsam.
Es ist ja menschlich sehr verständlich, wenn Sie hoffen, nach einer oder zwei Hypnosesitzungen geht es Ihnen besser. Manch eine_r verspricht das. Eine seriöse Heilpraktikerin, ein seriöser Heilpraktiker wird das nicht tun. Denn zu Anfang steht immer eine Bestandsaufnahme, eine Feldbegehung, vielleicht sogar eine Diagnose. Haben Sie manchmal schon beim Hausarzt oder der Fachärztin gedacht „Der hat mich gar nicht richtig untersucht, er hat mir gleich eine Tablette verschrieben.“ oder „Die wusste gleich, was ich habe, ich kam gar nicht zu Wort!“ Wäre es nicht ebenso seltsam, wenn ich sagen würde: „Sie haben also Schlafstörungen und Ängste, da machen wir das und das. Da nehmen wir mal die Hypnose.“ oder „Ach, Sie hatten ein Trauma? Na, dann machen wir EMDR, das ist ja der Standard.“
Ich möchte so nicht arbeiten. Wir werden in den ersten Sitzungen herausfinden – manchmal dauert es nur einen, manchmal dauert es mehr Termine – was genau Ihre Ziele sind. Natürlich möchten Sie gerne, dass es Ihnen besser geht. Was genau heißt das, „besser“?
Was belastet Sie? Das möchten Sie wahrscheinlich loswerden. Manchmal ist Loswerden gar nicht die Lösung. Sondern eine andere innere Einstellung. Manchmal ist Loswerden genau das Richtige, wenn es darum geht, sich nicht länger von etwas beherrschen zu lassen.
Haben Sie auch eine Idee davon, was Sie stattdessen mehr erleben möchten? Was Sie wieder stärker in Ihrem Leben empfinden möchten? Was hat Sie bisher gestützt und geschützt? Woran wollen Sie anknüpfen? Auch das gehört dazu. Die Zielbestimmung heißt nicht nur, etwas solle nicht mehr sein oder nicht mehr so viel oder nicht mehr so stark, sondern auch etwas anderes soll wieder mehr Raum bekommen. Vielleicht sogar etwas Neues sich entfalten können. Es ist ein gemeinsamer Prozess.
Sie berichten mir, wenn es Ihnen wichtig ist, was Ihnen bereits von anderen geraten wurde. Und wir werden das kritisch prüfen. Sie berichten mir, worunter Sie leiden. Das soll beides durchaus seinen angemessenen Platz finden. Und Sie sagen mir etwas über Ihre Ziele.
Gemeinsam können wir zu einem Schluss kommen, was Ihnen vermutlich am besten helfen kann. Vielleicht brauchen Sie einfach mehr Gespräche, mehr Raum dafür, sich einmal mitzuteilen, in einem Umfeld fernab von Ihren Verstrickungen? Und vielleicht ergibt sich ein neuer Auftrag an mich, aus diesem Gespräch heraus. Sie wollen sich auf einen längeren Weg machen, nachhaltig wirksam? Herausfinden, wie Sie ticken und wo Sie etwas verändern möchten? An Ihren inneren Einstellungen arbeiten? Therapie ist keine Zauberei, und um es ganz polemisch zu sagen: Es ist kein Bauchladen. Wo jemand reingreifen könnte und sagen „Das gefällt mir, das machen wir, das nehme ich.“
Ich würde es nicht verantwortungsvoll finden, so zu arbeiten. So aber schon: Wir bestimmen gemeinsam den Weg und den Prozess. Wir gucken immer wieder drauf, wie läufts, wo wollen wir uns gegebenenfalls neu entscheiden? Menschen sind verschieden, keiner gleicht dem anderen. Traumata sind verschieden, keines gleicht dem anderen. Ängste sind verschieden. Sehr verschieden. Auch in der Ursache. Und die gilt es zu ermitteln.
Vielleicht haben Sie auch über den Arzt, die Ärztin gesagt: „Früher haben die erst eine richtige Diagnose gestellt. Heute geht das zack zack, und dann ist schon die Lösung da.“ Manchmal hilft’s zufällig, es sei allen Beteiligten gegönnt, dass es geklappt hat.
Bevor jetzt jemand böse mit mir ist: Natürlich gibt es auch ganz, ganz andere Ärzte und Ärztinnen. Die sich Zeit nehmen. Und die auch von Ihnen erwarten, dass Sie keine schnellen Zack-zack-Lösungen akzeptieren, sondern sich mit Ihnen auf den Weg machen, die richtige Methode zur Verbesserung zu finden und dabei in Kontakt bleiben wollen. Bis Ihre Ziele erreicht sind. So möchte ich mit Ihnen auch arbeiten.
Eine gute Woche.