Entdecken Sie die Kraft Ihres Körpers, Schmerzen zu überwinden. Fünfte Auflage 2020, Kösel Verlag, München.
(Im heutigen Text ergänze ich das, was die Autor_innen im oben genannten Buch geschrieben haben um eigene Gedanken und Körpererfahrungen. Die tue ich, weil ich an mir und anderen Besserung erlebt oder beobachtet habe, wenn ich diese Ergänzungen angewendet habe.)
Wenn wir Hilflosigkeit spüren, bis hin zur Hoffnungslosigkeit, kann dies viele Ursachen haben. Eine davon kann darin bestehen, dass wir Schmerzen haben und an Beeinträchtigungen durch Schmerzen leiden, und schon so vieles versucht haben, ohne dass eine Besserung oder keine dauerhafte Besserung eingetreten wäre. Wir geben unser Bestes, unsere Gesundheit zu pflegen, wollen uns wieder vitaler fühlen und kommen diesem Ziel nicht näher.
Sollten wir von Ärzten in unserer Hilflosigkeit alleingelassen werden, indem uns zum Beispiel Simulieren unterstellt wird oder uns gespiegelt wird, dass wir übertreiben, dann können wir uns schon sehr niedergeschlagen fühlen.
Was können wir tun, um uns zu helfen, wenn wir merken, dass die Hilflosigkeit und der Schmerz sich gegenseitig befeuern und wir uns in einem Teufelskreis befinden? Ein Werkzeug kann sein, sich die Zeit zu geben, täglich kleine Übungen zu machen, die den Körper zu Hilfe nehmen und unsere Fähigkeit zur Achtsamkeit.
Achtsam den Tag erleben, mit dem Scheinwerfer auf gute Momente, mit dem Spüren von kleinen Erleichterungen und dem bewussten Würdigen dieser Momente, das kann uns von der Hoffnungslosigkeit lösen. Sprechen wir es laut aus, wenn es gerade gut läuft! „Das ist ja toll, ich habe gerade etwas Schönes erlebt und meine Schmerzen ganz vergessen!“ (Sie wissen ja, dass sie da sind, Sie müssen nicht auf sie aufpassen!) Lösen Sie sich auch von der Befürchtung, dass Ihre Umgebung Sie mit ihren Schmerzen dann womöglich nicht mehr ernst nimmt! Bleiben Sie in diesen Übungen ganz bei sich! Die Bewertungen der Umwelt haben Ihnen bisher nicht geholfen, oder?
Nun zu den Übungen des Körpers, die Sie dann bitte durchführen, wenn es die Schmerzen gerade etwas besser erlauben, es Ihnen etwas leichter fällt!
1. Die Körperhaltung ist ganz wichtig bei der Empfindung von Hilflosigkeit und auch bei ihrer Überwindung. Denn sind wir resigniert, sehen wir keine Auswege, dann sind meistens die Schultern nach vorne gebeugt, der Brustkorb entsprechend eingezogen und das Zwerchfell, die Magengrube eingeknickt. Das ist die Haltung eines Menschen, der aufgibt. Wenn wir feststellen, dass diese Haltung uns gar nicht bewusst war, dann sollten wir damit beginnen, uns dabei zu beobachten: Wie stehe ich, wie sitze ich, was machen meine Schultern? Kann ich das ändern?
2. Im Stehen ist die Übung am herausforderndsten, denn wir müssen uns zunächst unserer Schwerkraft bewusst werden, sie gut fühlen. Achten Sie im Stehen auf die Körperbereiche, die sich kraftvoller anfühlen als andere. Schauen Sie, wie Sie sich in Ihren Fußgelenken, den Beinen, in den Oberschenkeln, Armen, Ellbogen oder Schultern fühlen. Achten Sie auf Empfindungen in diesen Bereichen, die sich – und sei es nur ein wenig – anders anfühlen als die Empfindung von Hilflosigkeit oder die eines befürchteten Zusammenbruchs.
3. Wenden Sie sich nun Ihrer Schwerkraft zu. Dabei kann Ihnen eine kleine Atemübung helfen: Indem Sie die Hände wie kleine Schalen auf der Höhe Ihrer Oberschenkel nach innen beugen und so tun, als könnten Sie die Luft darin nach oben anheben, atmen Sie ein und heben Sie beide Arme zusammen mein Stück hoch, indem sie die Ellenbogen beugen. Halten Sie zwischendrin einmal ein, als hätten Sie einen Aufzug in sich, halten Sie den Atem an, halten Sie die Hände an, und dann weiter nach oben, die nächste Stufe. Tun Sie das so lange, bis Sie den Eindruck haben, Ihr Brustkorb könnte sich noch ein wenig weiten, um noch mehr Luft aufzunehmen, tun Sie dies auch. Beim folgenden Ausatmen senken Sie die Hände wieder und lassen sie dann locker seitlich herniedersinken. Wiederholen Sie die Übung etwas rascher und lassen Sie beim Ausatmen die Arme herniederfallen und geben Sie einen Laut von sich: Whaa! Wie geht es Ihren Füßen? Spüren Sie nun, wie Sie mit Ihren Füßen den Kontakt zum Boden haben?
4. Richten Sie sich auf, als hätten Sie eine Unterstützung auch von oben, vom Firmament, als würde dort jemand Ihnen helfen, den Scheitel nach oben zu auszurichten.
5. Wenn Sie diese beiden Übungen 3 und 4 gemacht haben, wiederholen Sie die erste Übung und schauen Sie, welche Körperbereiche fühlen sich leichter und angenehmer an, vielleicht etwas kraftvoller als eben vor der Atemübung. Schauen Sie nun, wie sich die Haltung verändern kann! So als würden Sie sagen: Ich bin doch Frau/Herr im eigenen Hause, ich kann doch meine Schultern leicht anheben und dann nach hinten fallen lassen! Gehen Sie nicht über Ihre Schmerzgrenze, machen Sie diese Übung nur so, dass der Schmerz nicht schlimmer wird als vorher, womöglich sogar etwas nachlässt! Spüren Sie, wie sich ihr Brustbein anheben kann, wenn Sie sich erlauben, Experimente mit Ihrem Körper zu machen und Sie das Ganze spielerisch angehen?
6. Beobachten Sie nun, wie es ihnen mental diesem aufgerichteten Körper geht. Ist Ihre Empfindung von Hilflosigkeit etwas geschwunden? Dann freuen Sie sich darüber und notieren es in Ihrem Buch. Und wiederholen diese Übung im Sitzen, leicht angelehnt und auch einmal aufrecht sitzend. Und machen Sie das für einige Tage!
Eine gute Zeit!