Was ich lese (7) Peter A. Levine und Maggie Phillips: Vom Schmerz befreit Nr. 2

Entdecken Sie die Kraft Ihres Körpers, Schmerzen zu überwinden. Fünfte Auflage 2020, Kösel Verlag, München.

Die meisten von uns werden in ihrem Leben unterschiedliche Bedrohungssituationen erlebt haben. Entweder wurden wir tatsächlich mit einem Angriff bedroht, oder eine Krankheit oder ein Unfall hat uns eine Ahnung von erlebter Gefahr hinterlassen. Oder gab es eine andauernde schwierige Situation mit Einschränkungen durch übergriffige Partner? Oder chronisch stressige Situationen am Arbeitsplatz, die mit dem Mangel an Einflussmöglichkeiten einhergingen? Stress durch Mangel am Lebensnotwendigen?

Auf akute Bedrohung reagieren wir zunächst wie alle Säugetiere: Das sympathische Nervensystem sorgt dafür, dass wir in einem akuten Angriff einen Aufruf zum Handeln erleben. Wir entscheiden in Blitzesschnelle, ob wir zum Gegenangriff übergehen oder ob wir fliehen wollen. Das Leben zu schützen ist die Aufgabe dieser Funktion.

Wird eine Bedrohung durch ihre Dauer oder durch ihren Charakter allerdings als potenziell tödlich oder unausweichlich wahrgenommen, löst dies die dritte natürliche Reaktion aus: das Erstarren. Wir verharren bewegungslos, warten, dass die Gefahr vorüber geht.

Es kann sein, dass wir Menschen in diesem Zustand stecken bleiben und uns im Leben wie erstarrt fühlen. Die Schutzreaktion war einmal sinnvoll. Wenn sie sich jedoch verselbständigt, verspannt unser Muskel-Skelett-System und zieht sich zusammen. Und unser Gefühl ist von Hilflosigkeit, Verzweiflung oder Abspaltung gekennzeichnet. All dies kann Teil des Schmerzproblems sein, unter dem wir möglicherweise leiden. Der Schmerz verschwindet auch bei Abspaltung nicht einfach. Denn die Ur-Situation, das Steckengebliebensein im bedrohlichen Ereignis ist weiterhin im Gehirn gespeichert. Nicht beseitigt, nicht überwunden, nicht bewältigt, nicht aufgelöst. Die Abspaltung hindert uns daran, im Hier und Jetzt zu sein.

Ich zitiere: „Stellen Sie sich ein Kaninchen vor, das in einer kleinen Mulde Gras mümmelt. Ein Geräusch dringt aus den Büschen. Die Ohren des Kaninchens stellen sich auf, gefolgt vom Kopf, und wenden sich dem Geräusch zu, um dessen Quelle zu lokalisieren und einzuschätzen, ob es lebensbedrohlich ist. Aus dem dichten Blattwerk springt ein Kojote ins Blickfeld. Die Jagd beginnt: Das Kaninchen spannt die Muskeln an und duckt sich, um dann loszuspringen, in der Hoffnung, durch mehrere waghalsige Haken zu entkommen. Letzten Endes nutzt das Kaninchen seine Ressourcen wie Geschwindigkeit und Beweglichkeit (und auch etwas Glück), um zu entkommen, und versteckt sich dann in einem hohlen Baum oder einem Loch. Endlich in Sicherheit nimmt es ein paar tiefe Atemzüge und schüttelt sein bedrohliches Erlebnis ab.“

Wir Menschen tun das in der Regel nicht. Wir schütteln es nicht ab. Wir lassen unter Umständen den Stress der Bedrohung nicht los. Wir blockieren. Lenken uns auf nicht förderliche Weise ab. Uns fehlten vielleicht gute Vorbilder, wir dachten nicht darüber nach, was wir wirklich brauchen, um uns von der Situation zu lösen.

Prüfen Sie einmal Ihre Körperreaktion, indem Sie jetzt laut die Worte „Furcht“, „Ärger“, „Gelähmtheit“, „Erstarrung“ aussprechen. Tun Sie dies noch einmal langsamer und halten sie nach jedem Wort inne. Überprüfen Sie nun Ihre Körperreaktion. Welche Bilder, welche körperlichen Gesten oder Reaktionen werden Ihnen bewusst? Verändert sich Ihre Körperhaltung?

An diese Beziehung zwischen inneren Bildern, Körperempfindungen und Schmerzen werden wir mit der nächsten Übung anknüpfen. Wir können lernen, der Schmerzfalle zu entkommen. Sie beginnt dort, wo wir natürlich reagieren auf lebensbedrohliche Situationen. Die Angstreaktion bei Gefahr bewirkt, dass der Körper in Anspannung gerät. Verbleiben wir in der Verspannung, wird Schmerz verursacht. Und mit der Zeit verspannen wir uns gegen die innere Bedrohung durch den Schmerz als solche.

Dieser Kreislauf von Bedrohung, Angst, Anspannung, Bewegungseinschränkung, Schmerz, Angst vor Schmerz, erneute Anspannung kann, wenn er nicht unterbrochen wird, chronische Schmerzen hervorrufen. In der Falle sitzen wir, wenn wir denken „Ich bin der Schmerz.“ Wir kommen aus dieser Falle heraus, indem wir lernen, stattdessen die Sätze zu denken „Ich erlebe diesen Schmerz“, hin zu „Ich erlebe die Empfindungen, auf dem der Schmerz basiert.“

Diese Schritte sollten wir mit unserem Körper gehen und nicht nur mit unseren Gedanken! Auf diesem Hintergrund lade ich Sie zu der Übung ein „Den gefühlten Sinn erforschen“

Beginnen Sie gerade jetzt! Wenn Sie dies lesen, ganz gleich, ob Sie gerade sitzen, liegen oder stehen!

Spüren Sie ihre Füße? Sind sie mit dem Boden verbunden oder auch nicht? Drücken sie gegen eine Unterlage, schweben sie? Woher wissen Sie das eigentlich, wenn Sie gar nicht hinschauen? Können Sie ihr Gewicht verlagern? Wie verändert das Ihre Wahrnehmung? Erforschen Sie ihren Unterkörper, ihre Waden, ihre Oberschenkel in Verbindung zu Ihren Füßen! Fühlt sich das rechte Bein anders an als das linke? Wie würden Sie das beschreiben? Gibt es Körperbereiche, die ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Was bemerken Sie dort? Wie würden Sie das beschreiben?

Wenn Sie einen Körperteil gründlich erforscht haben, erlauben Sie dem nächsten, Ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Halten Sie immer ein wenig inne! Und achten Sie auf Ihren gefühlten Sinn. Finden Sie Worte zur Beschreibung! Beispiele: locker blockiert, gestaut, fließend, kribbelnd, schwer, schwebend, leer, kalt oder warm. Finden Sie eigene Worte! Wenn Sie immer dasselbe Wort benutzen, überlegen Sie, ob andere Worte zutreffender sein können!

Erforschen Sie nun auch Gerüche oder Geschmäcker, die Sie wahrnehmen, Geräusche oder Vibrationen! Wie ist Ihr Körpergefühl in diesem Augenblick? Eher angenehm, unangenehm oder neutral? Woher wissen Sie das? Spüren Sie sich energiegeladener als zu Beginn der Übung? Möchten Sie jetzt gerne einen Spaziergang machen oder anders aktiv werden? Oder fühlen Sie sich friedlich und ruhig und können sich noch mehr Zeit für die Erforschung dieses Zustands einräumen?

Anschließend nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, um ihre Reaktionen in Ihrem Schmerztagebuch festzuhalten.

Eine gute Zeit!

Zwischenruf: Persönlich leben

Aus dem Vortrag „Persönlich leben“ von Wolf Büntig auf auditorium netzwerk heutige einige Denkanstöße
(nicht wörtlich, nicht vollständig, nach meinem Geschmack):

In Abhängigkeit von der Mutter-Kind-Interaktion und der Interaktion mit Menschen, die unser Hineinwachsen in die Welt maßgeblich bestimmen, entwickeln wir unsere Lebenskunst.

Oft allerdings beginnt es als ärztlicher Unfug: Die Amniozentese, die Punktation der Fruchtblase, meist zum Entdecken genetischer Handicaps, ist für den Fötus ein tätlicher Angriff. Er krümmt sich und wehrt sich reflektorisch.
Ultraschall ist wie das Wummern starker Lautsprecher, denen wir nicht entkommen können.
Keine Hausgeburt? Schon der Weg in die Klinik verzögert die Wehentätigkeit.
Ein medizinisch nicht notwendiger Kaiserschnitt: Grundsätzlich beraubt er das Kind um das Erleben des ersten Triumphes „Boähh, das war anstrengend! Geschafft!“
Narkosegeburt: Sie betrügt uns um die Begrüßung durch die Mutter, noch ganz ermattet und (hoffentlich) einfach froh! Und so, fernab jeder Wertung und frei von Zukunftsideen könnten wir freudig wahrgenommen werden: „Da bist du ja!“

Die Abnabelung vor der Entwicklung des eigenen Atems: Das ist akuter Überlebensstress für den Säugling, schockartige Atemnot!
Das Aufhängen an den Füßen, damit er atmet: Das Rückgrat ist hierfür noch nicht ausgebildet.
Dann auf den Rücken schlagen, damit er endlich atmet.

Dann kam früher die Isolation im Babyzimmer, es hieß unter dem Verlust der vertrauten Mutter und zusammen mit anderen brüllenden Säuglingen keinen Schlaf zu finden. (Wer davon nicht betroffen war, mag sich glücklich schätzen!)

Füttern nach der Uhr: Hunger, aber nichts bekommen? Es folgt Resignation, erstes Totstellen,
erstes Erleben der Selbstunwirksamkeit, der Schrei nach Nahrung bleibt ohne Erfolg, danach wird das resignierte Schlafen gestört durch Futterangebot. (Das ist heute hoffentlich endgültig vorbei!)

Und später in der sogenannten Trotzphase: Unsere Eigenart wird abgewertet, die Anpassung an „erwachsene“ Werte wird durchgesetzt. Zwei verschiedene farbige Socken, das geht also nicht? Aha.

Erziehung in Redewendungen:
Lass dich nicht so gehen! Halt den Mund! Hör auf zu heulen! Frag nicht so viel! Lach nicht so blöd! Mach den Mund zu, sonst siehst du so doof aus! Wer glaubst du, dass du bist? Pfui, schäm dich!
Na, klingt noch was davon nach? Hören wir es noch immer in Bus und Bahn und öffentlichen Wegen?
Da wird uns vieles genommen, auf dem Weg zu uns selbst!

Und brauchten Mutter oder Vater Bestätigung durch unsere Anhänglichkeit oder Bewunderung?
Und brauchten sie es, dass wir für unser Skelett zu früh stehen konnten, zu früh schon „sauber“ waren? Waren sie stolz auf unser frühes Sprechen?

Wir folgten dem Anpassungsdruck, wir wurden Darsteller statt Person.

Wir vergaßen, was für uns stimmt und wie wir unserem Wesen treu bleiben können, denn wir wollten dazugehören.

So fielen viele von uns kollektiv in eine „normale Depression“.

Persönlich leben wäre: Unser ganz eigenes Potential leben zu lernen, als schöpferische Leistung.

Worum geht es in meinem Leben, welches Lied möchte ich singen, was will das Leben gerade von mir?

Uns auf den eigenen Weg zu machen, ist oft von „schlechtem Gewissen“ begleitet, weil falsche Loyalitäten, auch innere, uns festhalten wollen und uns fürchten lassen, Zugehörigkeit zu verlieren.

Lebendigkeit und Sicherheit sind Pole auf einem Kontinuum. Wir können die Lebendigkeit suchen,
fühlen lernen, staunen üben und uns damit aus Identifikationen lösen.

Wir selbst werden.

Eine gute Zeit!

Was ich lese (6): Peter A. Levine und Maggie Phillips: Vom Schmerz befreit

Entdecken Sie die Kraft Ihres Körpers, Schmerzen zu überwinden. Fünfte Auflage 2020, Kösel Verlag, München.

Ich beginne mit einem Zitat:
„Die Sprache der Empfindungen

Um Ihren Körper auf dem Weg zu Schmerzfreiheit als Verbündeten zu gewinnen, müssen Sie zunächst einmal lernen, mit ihm zu kommunizieren und eine heilsame partnerschaftliche Zusammenarbeit mit ihm herzustellen. Mit anderen Worten: Sie müssen herausfinden, wie ihr Körper zur unschätzbaren Ressource wird, statt ein schmerzhafter Widersacher zu sein.
Auch wenn der Körper für den Heilungsprozess eindeutig wichtig ist, haben sich viele Schmerzpatienten angewöhnt, sich von ihren körperlichen Erfahrungen abzutrennen, um nicht noch mehr Schmerz zu spüren. Klammern Sie jedoch das körperliche Erleben aus dem Heilungsansatz aus, sind ihre Heilungschancen sehr begrenzt.“ (Seite 27)

Dazu eine Übung:
Wieder Zugang zum Körper finden

Beginnen Sie mit einem Körperteil, in dem Sie keine Schmerzen empfinden. Bedenken Sie, dass es immer Bereiche gibt in Ihrem Körper, in dem das so ist. Selbst wenn Sie sehr lange schon an Schmerzen leiden, werden Sie solche Bereiche bei sich finden! Dieser Körperbereich kann sehr klein sein und sich außerhalb der Regionen befinden, die Sie für gewöhnlich bewusst erleben: Ihre Nasenspitze, Ihr Ohrläppchen, die Innenseite ihres Unterarms…, wo im Körper finden und spüren Sie diese Stelle? Sie kann sich angenehm oder doch zumindest neutral anfühlen.
Erlauben Sie sich jetzt, einen Körper-Bereich zu spüren, wo Sie Schmerzen haben. Gehen Sie langsam vor, in einer Geschwindigkeit, die Ihnen möglicherweise ungewohnt erscheint.
Und wenn Sie merken, dass der Schmerz zu heftig wird? Nehmen Sie einen anderen Körperbereich, der weniger schmerzt! Lernen Sie zunächst behutsam diese Übung kennen!

Spüren Sie die Umrisse dieser schmerzenden Stelle? Dann atmen Sie eine Weile dorthin. Und schauen Sie, ob Sie mit dem Ausatmen zunehmend etwas Anspannung loslassen können. Vielleicht spüren Sie neue Empfindungen, ein Kribbeln, ein Brennen? Wärme oder Kälte? Es kann auch sein, dass Sie den Schmerz deutlich wahrnehmen, als scharf, stechend oder reißend. Wie auch immer Sie spüren, wie die Stelle geschaffen sein mag, nehmen Sie dies einfach nur wahr. Und nehmen Sie wahr, wie Sie sie mit Ihrem Atem verändern.

Kehren Sie dann zu der schmerzfreien Stelle zurück! Spüren Sie beim Einatmen hinein und lassen auch hier beim Ausatmen los, was immer Sie dort spüren. Wechseln Sie mehrfach von einem Körperbereich, den Sie nicht mit Schmerz verbinden, zu einem Körperbereich, an dem Sie Schmerz fühlen. Hinspüren, Hineinatmen mit dem Einatmen, Loslassen mit dem Ausatmen.

Beobachten Sie genau, was Ihnen möglicherweise vorher gar nicht aufgefallen ist! Wenn Sie dieses eine Weile ausprobiert haben, wechseln Sie mithilfe ihres Atems zwischen mehreren Schmerzbereichen und den sich gut oder neutral anfühlenden Bereichen hin und her. Halten Sie jeweils eine Weile inne, atmen Sie hinein, bringen Sie sich damit in Verbindung. Und lassen Sie mit dem Ausatmen alle Anstrengung los.

Es wird gut für Sie sein, darüber ein Schmerztagebuch zu führen. Häufig ist es so, dass Menschen sagen „Ach, das ist mir lästig!“ Wenn Sie sich aber klarmachen, dass Sie manchmal nicht bemerken, dass sich hier schon etwas verändert, in der für Sie besten Weise, dann können Sie den Sinn dieses Schmerztagebuchs verstehen. Und beachten Sie, dass es nicht darum geht, in diesem Schmerztagebuch Ihre Befürchtungen, Ihre Ängste, Ihre schlimmen Erfahrungen, die Sie hinter sich gebracht haben, aufzuzeichnen, sondern wirklich das, was Sie während einer Übung festgestellt haben.
Sie können außerdem natürlich jeden Tag nochmals zu einem anderen Zeitpunkt Ihre Notizen machen, über alles, was Ihnen auffällt an Auslösern und an Entlastendem.  Wichtig ist, dass Sie die Schmerzempfindung immer skalieren, 0 wäre kein kein Schmerz und 10 wäre unerträglich. Beschreiben Sie die Art der Empfindung, notieren Sie Veränderungen.
Auch wenn Sie keine Fortschritte erleben, notieren Sie Ihre Beobachtungen mehrfach am Tag, um Unterschiede festzustellen: Ob es wohl bestimmte Tage gibt, Tageszeiten, in denen ihre Schmerzmuster besonders deutlich werden? Plötzliche Zunahmen? Welche Auslöser es dafür wohl geben könnte? Welche Interventionen helfen?
Sollten Sie Medikamente nehmen, schreiben Sie diese bitte dazu! Und auch dort gibt es positive Wirkungen, negative Nebenwirkungen oder gar keine.
Sie werden so auf diese Weise nach und nach feststellen, ob Sie Fortschritte machen im Kontakt mit ihrem Körper und im Schmerzempfinden, wahrnehmen, wie Sie sich wohler fühlen können. Stellen Sie sich vor, gewinnen Sie einen Eindruck, dass Sie nach und nach eine verstärkte Regulationsfähigkeit erwerben!

Heute haben Sie eine Übung kennengelernt. Ich werde nach und nach neue hinzufügen.

Eine gute Zeit!

Mandala-Selbsterfahrung

Zwischenstation Corona-Isolation…

Nicht schön das Ganze, aber darüber will ich nicht schreiben. Ich bin dankbar dafür, dass ich Stifte im Haus habe, Laptop und Internet und alles nötige Equipment.
Denn mich darauf zu besinnen, dass Malen mir hilft, war gut, und es dann auch umsetzen zu können, noch besser.

Wenn Du magst, lies meinen kurzen Bericht und überlege, ob Du Dich auch beim Mandala-Malen erfahren möchtest.

Da es beim Malen für die Klärung innerer Prozesse nicht um die Herstellung von Kunst geht, gibt es keine Vorgaben, was darf und was nicht, und ob dabei etwas Gutes herauskommt, wird nicht am Produkt gemessen.

Mandala in der Form, dass ein Kreis in vier Teile geteilt wird, dass links oben mit dem gestalterischen Füllen begonnen wird und im Uhrzeigersinn weiter vorgegangen wird, war die einzige Idee, mit der ich mich an den Tisch setzte.

Dann arbeitete ich zunächst am Laptop und wählte intuitiv vorgefertigte Bilder aus einer Software aus. Beim zweiten Bild war mein Thema klar: Die Infektion und ihre Folgen. Dass mich das nun beschäftigt, ist nicht verwunderlich. Interessant wurde es, als ich meine Gefühle deutlicher spürte und merkte, dass ich sie zum Teil abgespalten hatte.

Das Ergebnis druckte ich aus und legte meine diversen Stifte bereit.
Zorn kam im ersten Quadranten zu Tage, er floss in die Ölkreiden. Ich sehe nun auch Angst.
Schutzbedürfnis, Ruhebedürfnis, Absonderung, Stillstand im zweiten.
Im dritten Quadranten wurde das Thema bewusster: Was mich in die Heilung bringen könnte. Nicht nur der Angriff kam von außen, auch alles Heilsame muss ich nicht allein erschaffen.
Die Erkenntnis: Vorsorge ist nicht nur Vorratshaltung an Nahrung und Wasser. Vorsorge ist auch, in guten Zeiten und gesunden Tagen zu würdigen und zu pflegen, was mich hält und stärkt.
Beim Zeichnen habe ich viel Kindlichkeit in mir gespürt, das tat gut! Schon als Kind war das Füllen eines Blatt Papiers mit Farben und Formen eine gute Zeit mit mir selbst.

Der letzte Quadrant bildet noch eine eher vage Vorstellung ab, was denn sein wird, wenn ich die Zwischenstation verlassen werde. Dass meine Wahl auf einen Schmetterling fiel – offenbar ist da Sehnsucht nach Leichtigkeit, Buntheit, Verspieltheit in mir.

Der Heilung näher kommen, spüren, was ist, was werden soll

Du siehst, es kommt nicht auf Deine Talente an oder darauf, was andere davon halten! Dein innerer wertvoller Prozess , darauf kommt es an.

Na, Papier und Stifte im Haus? Digitales Werkzeug hast Du, da Du ja gerade hier vorbeischaust, also los!

Eine gute Zeit!

Traumbilder

In diesen Tagen, Wochen, Monaten, Jahren haben wir neben dem, was uns im persönlichen Leben beschäftigt und herausfordert, einiges zu bewältigen. Mich fordert es, dass neben der Klimakrise, der Pandemie, den Kriegen in der Welt, dem Leid durch Hunger und Gewalt nun auch der öffentliche Diskurs vielfach immer gnadenloser und aggressiver wird.

Nachts in meinen Träumen tauchen ungewöhnliche Szenarien auf, die meine Gestimmtheit zu alledem widerspiegeln. Mir hilft es, diese Träume zu Papier zu bringen, als Bild.

Meine Beispiele sind mit Wasserzeichen versehen!

Es tut mir gut, die Träume so in gewisser Weise neu vor mir zu sehen, vielleicht weiter zu bearbeiten, mit einem „Antwortbild“.

Manchmal wähle ich Stifte, manchmal Aquarellfarben, manchmal ein PC-Programm für die Darstellung meiner inneren Bilder. Manchmal male ich blind.

Wollen Sie das auch einmal versuchen? Vielleicht kommen Sie mit Ihren Stimmungen, vielleicht mit Ihrem Unbewussten in einen guten Kontakt, Sie werden neugierig auf Ihre Träume und merken, dass Sie weder Ihren Stimmungen, noch einer Beunruhigung im Schlaf ausgeliefert sind.

Sie könnten eine Mappe anlegen mit Ihren Bildern und ein Traumtagebuch führen.

Sie könnten Seiten an sich entdecken, die Sie vergessen haben oder noch nie wussten. Na, wie wäre das?

Eine gute Woche!

Was ich gehört habe (1): Pierre Stutz

Geh hinein in deine Kraft – Sieben Ermutigungen

Anhand von Film-Momenten zeigt der spirituelle Lehrer, wie Menschen zu ihren Wurzeln und zu neuer Stärke im Leben gefunden haben. Auf der Homepage von ihm mehr dazu! Hier eine Kurzfassung:

  1. Bleib bei dir, sammle dich!

Beim morgendlichen Aufstehen nicht zu denken: Was muss ich heute tun? Sondern: Woher nehme ich heute die Kraft für mein Tun? Bei sich ankommen, um noch entschiedener, leichter und konfliktfähiger mitten im Leben zu stehen. Kunst  k a n n  eine der Kraftquellen sein.

Gelingendes Tun hängt nie von dir allein ab! Und doch kannst du lernen, dich auf deine Ressourcen zu besinnen, bevor du ins Tun gehst. Es kommt auch auf dich an!

Stutz: Wie ist das bei Ihnen? Wenn ich am Computer was machen will und es soll ganz schnell gehen, dann macht der extra langsam! Der arbeitet nicht, bevor der nicht alles beisammenhat, was er zum Arbeiten braucht! Beispielhaft!

  1. Du bist mehr als deine Verletzungen

Du kannst zu dir befreit werden, abgrundtiefe schwere Erfahrungen können dazu gehören, du kannst heilen. Wenn du dich mit Ideen auseinander setzt, die Perspektive wechselst, etwas ganz anders machst, auch körperlich. Aus einem ganz anderen Blickwinkel auf deine Verwundungen schaust. Lass dich nicht darauf reduzieren, auch du bist zu einem anderen Leben berufen.

Stutz: Was hindert Sie, heute mal auf den Küchentisch zu steigen? Sie können ja Ihre Umgebung vorwarnen, dass Sie einem komischen Vortrag zugehört haben und das jetzt mal probieren wollen.

  • Erwache zum Träumen

Dom Hélder Câmara: Wenn einer alleine träumt, ist es nur in Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, beeinflusst es unsere Wirklichkeit. Eine neuer Horizont entsteht!

Film: Timbuktu, (als .avi im Netz, französische Untertitel, Quelle arte) Die Menschen dürfen nicht lachen, nicht singen, nicht Fußball spielen, so sagen die islamistischen Besatzer, alles Freudvolle ist verboten. Was aber machen Kinder, denen etwas Wertvolles genommen wird? Sie imaginieren ihre Wünsche und Träume. Die Kinder in diesem Film spielen Fußball. Mit einem imaginierten Ball (Min. 43.20ff im Film). Alle sehen ihn offenbar, sie spielen! Eine unglaubliche Szene! Die Besatzer sind dafür blind. Sie können nichts tun.

Sich nicht vereinnahmen lassen von fremdbestimmenden und lebensverneinenden Mustern. Aufbrechen. Kämpfen in Gewaltfreiheit. Angekommen bei sich selbst. In Würde zu sich finden.

  • Spiel dich ins Leben hinein

Sich zu krümmen vor Lachen und ein Kampf für die Menschenrechte sind keine Gegensätze – Charly Chaplins Filme bezeugen es. Lachen als Kraftquelle. Humor als Widerstandskraft.

Auch: Tanzen als Kraftquelle.

  • Am Widerstand wachsen und reifen

Entdecke was möglich ist. Suche Beispiele dafür! Orientiere dich dahin!

  • Du darfst scheitern

Dies nicht suchen, nicht verherrlichen, aber dem Leben begegnen mit dieser Erlaubnis.
S. Beckett: Immer versucht, immer gescheitert, wieder versucht, wieder gescheitert, egal, versuche wieder, scheitere besser! Aki Kaurismäkis Filme!

  • Sag Ja zu deinem Weg

Versöhne dich mit deinem Leben, staune, was sich entwickeln konnte! Auch im Alter kann es gelingen, besonders mit einem Gegenüber, das zuhören will. (Dieser letzte Satz ist für diejenigen, die sich für das Zuhören entscheiden möchten!)

Filmsequenzen auf der Homepage von Pierre Stutz, sehenswert!

Der Vortrag auf shop auditorium netzwerk , 50 min als download erhältlich für 17€, hörenswert!

Eine gute Woche!

Was ich lese (5) Die Kunst der Entfesselung

… vom Umgang mit lähmenden Beziehungsdefinitionen, Eberhard Stahl in Friedemann Schulz von Thun, Dagmar Kumbier (Hg.), Impulse für Kommunikation im Alltag, Reinbek bei Hamburg 2010

Hat Sie schon mal jemand verbal plattgemacht? Waren Sie mehr oder weniger nach außen sprachlos und haben Sie stattdessen noch tagelang innere Dialoge geführt?

Da ich das kenne, habe ich mir aus den obengenannten Kommunikationspsychologischen Miniaturen 3 der Reihe „impulse“ den passenden Aufsatz herausgesucht und mir dazu so meine Gedanken gemacht.

Beispiele aus dem Leben:
– Da könnte sich zum Beispiel in einem Meeting eine vorgesetzte Person dazu entscheiden, eine teilnehmende Person verbal anzugreifen: „Wie wir leider in den vergangenen Wochen feststellen mussten, hat Koll. X es bis heute nicht geschafft, die Aufgabe Y abzuschließen.“
X, obgleich überrumpelt, wehrt sich dagegen, ohne Vorgespräch vor versammelter Kolleg_innenschaft bloßgestellt zu werden. Aber leider, auch daraus wird X ein Strick gedreht, Kritik anzunehmen, läge wohl auch nicht in ihrer/seiner Kompetenz, und bei weiteren Versuchen seitens X, sich zur Wehr zu setzen, wird darauf hingewiesen, dass X nicht in der Position sei, Vorgesetzten die Kommunikation vorzuschreiben und im Übrigen habe man ja noch wichtige Themen auf der Agenda und alle hätten ja zu tun, also…

– Da springt fröhlich ein nicht angeleinter Hund an einem fremden Hosenbein hoch. Leider hat A noch mit einer Hundephobie zu tun. A bittet rückwärtsgehend die ausführende Person darum, den Hund zurückzunehmen und anzuleinen. „Der will nur spielen, da müssen Sie doch keine Angst haben!“ und bei dringlicheren Bitten: „Sie sind ja wohl auch so ein Hundehasser! Wie kann man nur so verbohrt sein!“ oder „Mein Hund braucht seinen Auslauf, Sie haben mir gar nichts zu sagen!“

– B äußert den Wunsch, C möge doch bitte Abstand zu ihm/ihr einhalten. C: „Trödeln Sie halt nicht so, Sie halten hier ja den ganzen Verkehr auf!“

Was stellen wir fest: X, A und B versuchen, ihre Integrität zu bewahren, ihren Raum zu verteidigen, aber es gelingt nicht. Stattdessen wird ihnen erklärt, dass sie falsch liegen, keine Ansprüche zu stellen haben und irgendwie eh nicht wichtig sind. Der Angriff geht nicht nur ans Hosenbein, er geht ans Selbstgefühl.

X, A und B werden zurechtgewiesen und damit wird eine Beziehung definiert:

– offen: Hier Vorgesetzte_r, dort Anweisungsempfänger_in

– verdeckt: Hier Vertreter_in der Norm, der Regeln, dort Abweichler_in

Was tun?

Die drei können nachgeben und es dabei bewenden lassen. X sagt nichts mehr dazu und macht Überstunden, um Aufgabe Y zu beenden. A zieht sich zitternd mit verdrecktem Hosenbein nach Hause zurück. B beeilt sich und verlässt fluchtartig die Szene. Sie haben die Beziehungsdefinition akzeptiert.

Die drei können so tun, als wäre nichts passiert, X ändert nichts an seinem Arbeits- und Kommunikationsverhalten und riskiert, dass sich die Situation wiederholt. A sagt nichts mehr und riskiert, dass Hund und Halter_in ihren Spaß an ihm haben, B beeilt sich zwar nicht, hält die zunehmende Nähe aber nur verärgert aus.

Aber Achtung: Fehlende Ablehnung wird als Zustimmung interpretiert!

Sie könnten sich entscheiden, dabei zu bleiben, dass sie dies so nicht akzeptieren wollen:
X nimmt nach dem Meeting schriftlich Stellung und/oder fordert nachdrücklich ein Gespräch über den Vorfall. A weist auf die Rechtslage hin und stellt Konsequenzen in Aussicht. B besteht auf seinem/ihrem Wunsch nach Abstand, mit Augenkontakt und Standfestigkeit.

Wie können die das hinkriegen?

Als erstes sollten die drei erkennen, dass hier jemand einseitig die Beziehung definiert hat, das hilft ihnen dabei, die eigene Reaktion zu reflektieren. Sie prüfen, ob sie das auch so sehen wollen. Sie kommen eventuell zu ihren eigenen Definitionen der Beziehung. Das kann ein guter Beginn sein.

Sie können sich für Metakommunikation entscheiden, zum Beispiel mit einer Einladung zur Partnerschaftlichkeit:
„Sie definieren Ihre Vorgesetztenrolle also so, dass Sie Mitarbeitende zu mehr Leistung anspornen, indem Sie sie anprangern. Ich sehe das anders. Ich wünsche mir von Ihnen als Vorgesetzte_r, dass Sie mit mir gemeinsam herausfinden, wo es bei Aufgabe Y hakt!“

Oder dem Hinweis, dass in der Welt unterschiedliche Werte und Bedürfnisse ihren Platz haben:„Sie möchten, dass Ihr Hund Freilauf hat. Ich möchte, dass ich mich frei bewegen kann. Ich zähle auf Ihr Verständnis!“

Oder mit dem Verweis auf die Möglichkeit der Ich-Botschaft, dem Hinweis auf übergreifende Normen:
„Sie möchten anscheinend das Tempo bestimmen. Wenn Sie eilig sind, bitten Sie mich doch einfach darum, beiseitezutreten oder Sie vorzulassen! Dann können wir friedlich und respektvoll miteinander bleiben!“

Jetzt sagen Sie vielleicht: Schön wär’s ja, wenn die drei das könnten, würden sie es ja so machen. Also: Was braucht es noch? Was macht es schwierig?

– Sollten es Befürchtungen sein, dass böse Konsequenzen drohen, die andere Person Macht ausnützt, trotz bedachter Wortwahl meint, angegriffen, ungerechtfertigt belehrt zu werden, oder gar Spaß an Eskalationen hat – dann gilt es wohl zu üben, immer wieder zu prüfen, ob solche Befürchtungen realistisch sind. Und wenn Ja: eine Kosten-Abwägung vorzunehmen. Was geschieht sehr wahrscheinlich, wenn ich mich in vergleichbaren Situationen wiederholt nicht konsequent zur Wehr setze? Was wiegt für mich schwerer?

– Wenn es überhöhte Ansprüche an die eigene Wehrhaftigkeit sind (das bekannte Phänomen, dass später / zuhause die genau richtigen Worte in den Sinn kommen): Sich Flapsigkeit erlauben lernen, nicht optimale Ergebnisse würdigen lernen. „Sonst noch was?“, „Was, wenn nicht?“, „Geht’s noch?“, „Falsch gedacht!“

– Wenn die Beziehungsdefinition lähmt, diese direkt zum Thema machen: „Wir stehen in Beziehung als Chef_in und Mitarbeiter_in. Wir haben dafür vertragliche Regelungen. Übergriffiges Verhalten ist in diesen Regelungen nicht enthalten!“ Oder „Wir stehen in Beziehung als gleichberechtigte Personen im öffentlichen Raum! Einseitiges Durchsetzen von Normen passt hier nicht!“

Und sollte die Beziehungsdefinition selbst der Kern des Problems sein – dann könnten wir sie zurückweisen!

Ein Beispiel aus dem Aufsatz: Eine berufstätige Frau ist gerade aufs Land gezogen. Ein schöner Sonntagnachmittag lässt sie die Entspannung auf der Terrasse genießen. Bis der Rasenmäher des Nachbarn losgeht. Sie fasst sich ein Herz und spricht den Nachbarn an, bittet um die Einhaltung der Sonntagsruhe. Nun erklärt ihr der Nachbar, dass sie als Neuankömmling keine Ahnung davon habe, wie „wir“ auf dem Land so zusammen klarkommen. Sie wird in eine Schieflage gebracht, als städtischer Störenfried ausgegrenzt. Wenn sie klarmacht, dass es hier nicht um Stadt-Land, eingesessen-zugezogen geht, sondern schlicht um die Einhaltung von Vorschriften, dann weist sie die Beziehungsschieflage zurück.

X kann die Deutung, zu empfindlich gegenüber Kritik zu sein, zurückweisen. Es geht hier schließlich um angemessenes Feedback. B kann die Deutung, das Problem läge in seinem Langsam-Sein zurückweisen, es geht um Respekt vor dem Raum anderer. A weist zurück, ein Hundehasser zu sein. Es geht um die Verantwortung des Halters, der Halterin.

Ach und übrigens: Wenn X anfängt, sich in dem Meeting zu rechtfertigen, dann hat X die Deutungshoheit und Beziehungsdefinition des Gegenübers akzeptiert… Das könnte Folgen haben für die Zukunft.

Wenn A mit deiner Hundephobie argumentiert – ebenso!
Wenn B erklärt, dass er gerade an einem körperlichen Gebrechen leidet – siehe oben!
Guter Weg?

In dem gelesenen Artikel geht es viiiel differenzierter und vielschichtiger zu, als ich es hier dargestellt habe – vielleicht haben Sie Appetit bekommen.

Eine gute Woche!

Was mich umtreibt (1)

Skulptur „Mitgefühl“ Heike Fischer-Nagel 2019, Foto © Ulrike Roderwald

Ich denke an meinen Ausbilder in Kognitiver Verhaltenstherapie, Harlich H. Stavemann, und daran, was eine Therapeutin mitzubringen habe – im Hinterkopf den Imperativ aller Heilkunst: „erstens nicht schaden, zweitens vorsichtig sein, drittens heilen“ (um das Jahr 50 der Arzt Scribonius Largus).

Was braucht es also meinerseits: (Stavemann)

  • Fachwissen und Kompetenz, die in der Therapiestunde dadurch wirksam werden, dass ich meine Interventionsschritte plausibel vermitteln kann und damit die Motivation der Hilfesuchenden stärke.
  • Empathie und Menschenkenntnis, die mir helfen, die Hilfesuchenden zu verstehen und Prognosen zu entwickeln, die therapeutische Beziehung tragfähig zu halten und eine gemeinsame therapeutische Strategie zu entwickeln.
  • Eigene Strukturiertheit und Kongruenz – nicht nur in der Therapieplanung, sondern in jeder Therapiestunde (O weh, das ist manchmal danebengegangen! Nicht jeder Satz wurde klar verständlich formuliert, hier ist lernen angesagt!)
  • Selbstvertrauen ohne Selbstwertschöpfung, das bedeutet unter anderem, nicht „verletzt“ zu reagieren, wenn die Hilfesuchenden Ablehnung zum Ausdruck bringen. (Ja, und dann gibt es noch den Gedanken: Was ist, wenn ich nicht helfen kann? Da sollte ich immer sehr genau hinschauen, dies nicht mit meinem Selbstwert zu verknüpfen, wenn ich den Anspruch erfüllen will!)
  • Reflektierte Persönlichkeit ohne Wahrheitsanspruch, denn Hilfesuchende und ich unterscheiden sich in dem, was wir an Werten und Lebensphilosophie entwickelt haben.
  • Geduld und Interesse, damit die Hilfesuchenden in ihrem inneren Gefüge von mir verstanden werden können und nicht von mir eigene Lösungswege vorschnell angeboten werden (Hier kann ich noch mehr Ruhe in den Prozess bringen, als ich es tue!) „Es dauert, so lange es dauert!“ (Stavemann)

Stavemann hat nicht nur Bücher zur Ausbildungsbegleitung geschrieben, sondern parallel dazu Bücher, die sich direkt an Klient_innen wenden, sie sind geeignet zur Therapiebegleitung, können aber auch der Selbsterfahrung und Selbsthilfe dienen. (Beispiel: Im Gefühlsdschungel, Emotionale Krisen verstehen und bewältigen, Weinheim 2018)

 Skulptur „Mitgefühl“ Heike Fischer-Nagel 2019, Foto © Ulrike Roderwald

Ja, es möge eine therapeutisch arbeitende Person sich selbst so gut kennen, dass die Klient_innen während des therapeutischen Prozesses nicht quasi hinterrücks in die Konflikte des Therapierenden hineingezogen werden!

Auch wenn dies gegeben ist: Es gibt auch für Therapierende schwierige Zeiten. Selbstzweifel gehören dazu, sich in Frage zu stellen über das alltägliche gesunde Maß hinaus, beunruhigende Träume, schwere Gedanken, auch Traurigkeit. Zum Menschsein von uns allen gehört es dazu, sich von Zeit zu Zeit selbst krisenhaft zu erleben.

Was kann so etwas auslösen? In meinem Fall ein Buch: Jutta Dittfurth, Ulrike Meinhof, die Biografie, Berlin 2007. Als Schülerin früh zur APO-Bewegung gefunden, durch Mitschüler, Bücher, eigene Gedanken und Emotionen zu der mangelnden Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen, dem Mitmachen und Wegsehen, dem Verleugnen und Totschweigen, sind die Erinnerungen doch allmählich verblasst. Dittfurth beschreibt nun so minutiös diese Frau und diese Zeit, mit der Spießigkeit und der staatlichen Gewalt, mit der zunehmenden Zerrissenheit der Opposition, dass ich auf einmal wieder mittendrin bin. Mich herausarbeitend aus der Kindheit, mich finden und selbst definieren wollend wie alle Heranwachsenden – das ist auf einmal wieder da im inneren Erleben. Da gab es vieles, das mich geprägt hat. Nicht alles ist so integriert, dass es nicht noch den Weg in die Träume fände. Da irre ich wieder durch Häuser und Straßen und stehe wieder vor Polizisten-Ketten mit locker sitzenden Knüppeln. Kein Ausweg…

Skulptur „Mitgefühl“ Heike Fischer-Nagel 2019, Foto © Ulrike Roderwald

Was tun? Auch mir als therapierender Person können Gespräche helfen, mir im Dialog besser und tiefer auf die Spur zu kommen, als ich es alleine mit meinen Werkzeugen der Selbstreflexion kann. Es ist gut, einen weiteren Schritt in der Lebensbewältigung tun, es ist eine Aufgabe, bis zum Ende des Lebens, so sehe ich das. Dazu gehört, nicht darüber hinwegzusehen, wenn im Innern etwas brütet und nach oben will, nicht den Deckel darauf zu halten, sondern wahrzunehmen, zu forschen, zu erkennen, Schlüsse zu ziehen – Veränderung zu erleben.

Was noch? Schreiben. Zeichnen. Eine Art Tagebuch. Zeiten für die inneren Einkehr im Alltag bereit halten. Gedanken schweifen lassen ohne Denkverbote.

Was noch? Entspannen, natürlich. Musik hören, die das Unbewusste herausfordert. Ich gehe in meine Praxis und lege mich auf die Klangwoge, in tiefer Dankbarkeit, dass Menschen dies erfunden und gestaltet haben. (Caspar Harbeke und Silke Hausser, ALLTON OHG in Bad Zwesten)

Was noch? Lesen. Fachliteratur ist neben allem anderen auch Selbsterfahrung. Wie war das noch mit meinen Prägungen und Übertragungen? (Derzeitige Lektüre: Eva-Lotta Brakemeier, Angela Buchholz, Die Mauer überwinden, Wege aus der chronischen Depression, Weinheim 2013)

Was noch? Die Kunst. Jemand zeigte mir einen Katalog. Die Bilder haben mich tief berührt. Das Foto einer Skulptur sprach mich in meiner Existenz an.

Skulptur „Mitgefühl“ Heike Fischer-Nagel 2019, Foto © Ulrike Roderwald

Nein, ich werde es nicht zerfleddern in Worten, ich will behutsam bleiben. Kunst spricht zu meinem Unbewussten, sie hat ihre eigene Sprache.

Und weil das so ist, will ich die Künstlerin hier mit Fotos von ihrem Flyer würdigen:

Ich will mit Euch, mit Ihnen eine Erlebensmöglichkeit teilen, schaut hin, schauen Sie hin und horche, horchen Sie in sich hinein, lass Dich, lassen Sie sich berühren!

Es gibt dich

Dein Ort ist

wo Augen dich ansehen.

Wo Augen sich treffen

entstehst du.

Von einem Ruf gehalten,

Immer die gleiche Stimme,

es scheint nur eine zu geben

mit der alle rufen.

Du fielest,

Aber du fällst nicht.

Augen, fangen dich auf.

Es gibt dich,

weil Augen dich wollen,

dich ansehen und sagen,

dass es dich gibt.

Hilde Domin

Eine gute Zeit!

Was ich lese (4) Maja Storch, Gerhard Roth: Das schlechte Gewissen

  • Quälgeist oder Ressource? Neurobiologische Grundlagen und praktische Abhilfe, Hogrefe Verlag Bern 2021

Das schlechte Gewissen, in der Folge SG abgekürzt, dürfte den meisten Lesenden wohlbekannt sein. Da möchte uns jemand in der Mittagspause von seinen großen oder kleinen Alltagsproblemen erzählen – wir aber wollen den Kopf frei kriegen und um die vier Ecken joggen.

Da lebt jemand allein, fühlt sich einsam, will vorbeikommen – wir aber haben uns gerade nach etlichen Anstrengungen sehr auf einen Sonntag in Schlunzklamotten gefreut, an dem wir mal einfach nicht reden und nicht zuhören möchten.

Jemand will mit uns im Auto zu mitfahren – wir aber halten uns seit Monaten wegen Ansteckungsgefahren durch Corona sehr zurück und verzichten auf vieles, durchaus mit Verlustempfinden…

Ach ja, beinahe vergessen: Jemand möchte uns zum Weihnachtsessen einladen – wir möchten lieber nicht, wir haben eigene Vorstellungen, die uns wichtig sind.

SG ist womöglich dabei, wie immer wir entscheiden.  Mal, weil wir unseren eigenen Wünschen folgen, mal weil wir mal wieder nachgeben – denn auch uns selbst gegenüber können wir von einem SG gequält werden, wollten wir doch lernen, auch die eigenen Bedürfnisse zu würdigen.

Maja Storch kennt drei Optionen des Umgangs mit SG: es zum Schweigen zu bringen, es zu mildern und es als Leitlinie für eine Richtungsänderung zu erkennen. Diese drei Optionen beschreibt sie anschaulich und unterhaltsam im ersten Teil des Buches.

Sie beobachtete an sich selbst, dass es schwierig sein kann, allein durch Einsicht in die Sinnlosigkeit des quälenden Erlebens das SG zu besänftigen, daher tat sie sich mit Gerhard Roth zusammen, der im zweiten Teil die Psychologie und Neurobiologie des SG erläutert.

Wir erfahren etwas über die „Zutaten“ von SG:

  • eine Handlungsabsicht, auf der Grundlage von Bedürfnissen,
  • innere Normen, die damit in Konflikt stehen,
  • die Erwartung von Sanktionen bei Übertretung,
  • Abwägung von Gewinn und Sanktionen,
  • Stärke und Frequenz von Sanktionen
  • und die bisherigen Erfahrungen mit diesen Sanktionen.

Wie unsere Persönlichkeit sich entwickelt hat, das ist der Boden, auf dem die Zutaten zur Wirkung kommen. Roth erläutert knapp und anschaulich, wobei es sich bei der Epigenetik handelt, also den Einflüssen auf unsere Persönlichkeitsentwicklung, die zwischen Genetik und frühkindlicher Erfahrung stattfinden. Wir können ihm in die Ebenen des Gehirns folgen, die an unserer Entwicklung beteiligt sind, schon vorgeburtlich. Wir lesen, dass wir gewöhnlich erst im Alter von 20 Jahren (frühstens!) „halbwegs zur Vernunft gekommen sind“ und uns einigermaßen gesetzeskonform und normgerecht verhalten, und darüber, wie sich dies in unserem Gehirn abbildet.

Da es ja um unseren Quälgeist SG geht: Die kognitiv-sprachliche Ebene, so lesen wir, kann nicht so ohne weiters auf unser Verhalten einwirken. Was sich in unseren Hirnregionen unterhalb dieser Ebene abspielt, hat erheblichen Einfluss. Nach einem gut nachvollziehbaren Ausflug in die Welt der chemischen Botenstoffe im Gehirn (Stichworte Stressverarbeitung, Selbstberuhigungsfähigkeit, inneres Motivationssystem, Bindung, Impulshemmung und Risikowahrnehmung), lernen wir etwas über das Zusammenwirken der Systeme: Konfliktmöglichkeiten wo wir hinschauen, zwischen bewussten Zielen, zwischen unbewussten Motiven und bewussten Zielen, zwischen unterschiedlichen Motiven.

Jetzt wird es spannend:
Der Wunsch, Geborgenheit und Zugehörigkeit zu empfinden, kann uns auch schwächen, wenn er dominant geworden ist. Wir passen uns mehr an, als uns guttut.
Das Streben nach Einfluss und Kontrolle kann mit diesem Wunsch kollidieren. Die Furcht vor Machtverlust kann gewinnen. Dann erzählen wir uns womöglich etwas darüber, dass es leider gar nicht anders gehe, als uns so zu verhalten, wie wir entschieden haben zu tun.
Das Streben nach Leistung hat als Schattenseite die Angst vor Versagen im Gepäck. Es kann allerdings auch helfen, sich über Verbote und Gebote hinwegzusetzen, um Ziele zu erreichen!

Noch ein Konflikt: Mit etwas aufhören wollen (Rauchen), aber nicht können, weil die Gewohnheit so mächtig wirkt? Die als automatisch erlebte Verhaltensweise kann unterbrochen werden, am Anfang steht die Wahrnehmung und Beobachtung, die Veränderung des Kontextes hilft. (In der Mittagspause nicht in die Raucherecke zu gehen, was anderes zu machen ist hilfreicher, als auf die „Widerstandskraft“ zu bauen.)

Für all das gilt, auch im Zusammenhang mit SG: Wenn wir unsere inneren Konflikte lernen zu verstehen, können wir uns auf den Weg machen, wir können Neues einüben.

Im dritten Teil es Buches beschreibt uns Maja Storch, wie dies geschehen kann, und zwar an den Beispielen des ersten Teils. Das sehe ich als eine Stärke des Buches: Wir hatten Anregungen, unser SG zu beobachten, wir haben etwas darüber erfahren, warum es so hartnäckig sein kann, und nun lesen wir etwas über Wegweiser aus dem Dilemma.

Wie helfen wir unserem Gehirn, eine andere Stimmungslage zu erreichen? Das Stresserleben runterzufahren, das Beruhigungssystem hochzufahren? Dabei helfen ressourcenvolle Bilder!

Haben wir schon einmal beobachtet, wie ein kleiner oder großer Hund die Welt hinter sich lässt und „chillt“? Können wir diesem Zustand in unserem Körper einen Ort geben? Welche Symbole passen dazu? Das ist die Methode „Somatogramm“: Wir malen uns als Umrisswesen, wir verorten die ressourcenvollen Empfindungen in diesem Bild mit dem Einzeichnen von uns vertrauten und angenehmen Symbolen. Herzchen sind recht beliebt hierbei. Farben spielen eine Rolle.
Das Bild wird uns nun begleiten, wir nutzen es im Alltag, indem wir es anschauen, im Körper nachspüren, wieder und wieder abrufen, bis wir merken, es wurde Teil unseres inneren Systems.

Wir erfahren, dass wir unsere im Konflikt stehenden Affekte bilanzieren können: negative Affekte und positiv empfundene Affekte tauchen häufig nebeneinander auf, es hilft, sie auseinanderzuhalten, sie zu skalieren. Gern mit Säulen oder Thermometern, statt mit Zahlen. Dann können wir besser beurteilen, wie es uns genau geht mit den im Konflikt stehenden Handlungsmöglichkeiten (Besuch zulassen oder dem Ruhebedürfnis nachgeben?). Das hilft uns auch, „dritte“ Lösungen zu finden, vom Entweder-Oder wegzukommen!

Und zum krönenden Abschluss: Motto-Ziele! Mit bildhaften Formulierungen das Unbewusste anzusprechen, finde ich sehr vergnüglich. Unser Raucher in dem Buch hat folgendes Motto-Ziel gefunden: Ich inhaliere Leben!

Eine gute Zeit und grüßen sie Ihr SG von mir! Es darf sich mal einrollen und etwas ruhen ?

Was ich lese (3) Dr. Gabor Maté, Unruhe im Kopf

Über die Entstehung und Heilung der Aufmerksamkeitsdefizitstörung ADHS, Narayana Verlag, 1. Auflage 2021, Originalausgabe 1999 SCATTERED MINDS Alfred A. Knopf, Canada

Ich zitiere aus An den Leser: „Unruhe im Kopf besteht aus 7 Teilen. In den ersten 4 werden die Merkmale der Aufmerksamkeitsdefizitstörung beschrieben und ihre Ursprünge erläutert, während in den letzten 3 der Heilungsprozess im Mittelpunkt steht. Teil 5 „Das ADHS-Kind und Heilung“ richtet sich nicht nur an Eltern, sondern auch an Erwachsene mit einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung, da er wichtige Informationen liefert, sich selbst verstehen zu lernen. In ähnlicher Weise können Eltern, die die Kapitel über Erwachsene mit ADHS lesen, vielleicht weitere Erkenntnisse über ihre ADHS-Kinder und über sich selbst erlangen.“

Ich zitiere einen großen Teil der Einleitung, da ich es wichtig finde, die Haltung von Dr. Maté zu kennen, mit der er dieses Buch geschrieben hat. Diese könnte wichtig sein für Deine, für Ihre Entscheidung, das Buch zu lesen oder nicht.
„Die Aufmerksamkeitsdefizitstörung wird in der Regel von allen, die an schlechte Gene ‚glauben‘, als deren Ergebnis angesehen, und alle, die nicht daran glauben, sehen sie als Folge schlechter Erziehung. Die Aura der Verwirrung und sogar der Verbitterung, von der die öffentliche Debatte über diese Störung umgeben ist, steht einer vernünftigen Diskussion im Wege. Diese Diskussion sollte darüber geführt werden, wie sowohl die Umgebung als auch die Vererbung die Neurophysiologie von Kindern beeinträchtigen können, die in gestressten Familien, in einer zersplitterten und unter starkem Druck stehenden Gesellschaft sowie in einer Kultur aufwachsen, die zunehmend hektischer zu werden scheint.
Ich selbst leide an einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung. Und auch bei meinen 3 Kindern wurde ADHS diagnostiziert. Ich glaube nicht, dass es hierbei um schlechte Gene oder schlechte Erziehung geht, sondern vielmehr um Gene und Erziehung. Die Neurowissenschaften haben nachgewiesen, dass das menschliche Gehirn nicht nur durch biologisches Erbgut programmiert wird, sondern dass die Schaltkreise im Gehirn auch dadurch geprägt werden, was nach der Geburt eines Kindes und sogar während der Zeit im Uterus geschieht. Die Gefühlszustände und die Lebensweise der Eltern üben einen starken Einfluss auf die Bildung der Gehirne ihrer Kinder aus, obwohl Eltern solche subtilen, unbewussten Einflüsse oft nicht kennen oder kontrollieren können. Die gute Nachricht ist, dass es in den Schaltkreisen des Gehirns eines Kindes und sogar eines Erwachsenen zu großen Veränderungen kommen kann, wenn die für eine positive Entwicklung erforderlichen Bedingungen geschaffen werden.“
Maté geht es hierbei nicht darum, Schuld zuzuweisen oder Fehler zu finden. Es geht ihm darum, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung genutzt werden kann, um die emotionale und kognitive Entwicklung der Kinder zu fördern. Auch Erwachsene mit einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung könnten Erkenntnisse finden, die ihnen dabei helfen, ein tieferes Verständnis ihrer selbst und des Weges zu ihrer eigenen Heilung zu entdecken. Nicht zuletzt auch Lehrenden soll dieses Buch das Verständnis dessen, wie es dem Kind geht und was es braucht, und darüber, was ein falsch verstandenes Krankheitsbild sein könnte, erleichtern. Grundlagen sind die neurowissenschaftliche Forschung, die Entwicklungsbiologie, die Familiensystemtheorie, die Genetik und Medizin. Hinzu kommen die Interpretation gesellschaftlicher und kultureller Trends, auch die Erfahrung von Doktor Maté selbst. Es befinden sich im Buch zahlreiche Fallbeispiele und im Anhang für weitere Informationen den Kapiteln zugeordnete Quellenangaben.

Zum Thema der Medikation rät Maté dringend zur differenzierten und individuellen Beurteilung. Grundsätzlich ist er der Meinung, dass man Kinder nicht dazu zwingen darf, Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, um für ihre Umgebung ein geringeres Problem aufgrund ihres Verhaltens darzustellen. In einigen Fällen erweist sich Medikation als hilfreich. Alle Beteiligten sollten wissen, was sie tun und immer wieder neu entscheiden, falls erforderlich. Das Kind selbst sollte entscheiden können. Medikation als einzige Intervention oder auch als erster Behandlungsansatz? Dieses lehnt Maté ab. Medikamente allein bewirken seiner Erfahrung nach keine langfristigen positiven Veränderungen. Selbst wenn sich Kinder bewusst für eine Medikamentengabe entschieden haben, kann es dazu kommen, dass ihr Selbstgefühl Schaden nimmt. Das Medikament sollte abgesetzt werden, wenn das Kind sinngemäß sagt Ich fühle mich nicht mehr als ich selbst. Die heimliche Botschaft der Medikation kann auch darin bestehen, dass das Kind den Eindruck mitnimmt, nicht von seinen Eltern akzeptiert zu werden, wie es nun einmal ist. Und dieses ist mit Angst besetzt.
Auch für Erwachsene gilt, dass beim Vorhandensein von Ängsten oder einer niedrigschwelligen Depression die Medikation durch Psychostimulanzien möglicherweise zu einer Verschlimmerung führt. Depression oder Ängste sollten mindestens gleichzeitig, besser aber zuerst behandelt haben.

Für alle Behandlung gilt: Zuallererst nicht schaden!

Eine gute Woche!