Achtsam mit Gefühlen umgehen

Um zu lernen, die eigenen Gefühle anzunehmen, auch die sozial eher geächteten, gibt es mehrere Wege. Alle bedürfen der Übung, denn oftmals haben Menschen lange Zeit daran gearbeitet, solche Gefühle vor sich und anderen zu verleugnen. Davon verschwinden diese Gefühle aber nicht, und dies zu versuchen, kostet Kraft.
Sich beispielsweise Abneigung, bis hin zu Hass, als nun einmal vorhandene Emotion zuzugestehen, ist meist schwierig. Es passt bei den meisten Menschen nicht zum Selbstbild, zu hassen. Schnell ist die innere Stimme da, die sagt: Das solltest du nicht fühlen, das ist nicht ok. Dann beginnt die Psyche, kreativ zu werden, von diesem Gefühl abzulenken und zu versuchen, es wegzudrücken. Ich erlebe auch, dass Menschen in Worten anscheinend zu ihrer Emotion stehen, sich aber nicht erlauben mögen, sie zu empfinden.

In meiner Praxis schlage ich gelegentlich vor, sich das Gefühl in die Arme zu legen, es zu wiegen und zu sagen „Du darfst sein.“ Das fällt nicht immer leicht. Dann schlage ich vor, es in eine Hand zu nehmen und es sich anzuschauen, genau zu schauen, welche Farbe es hat, die Temperatur zu fühlen und das Gewicht, Form und Oberfläche zu betrachten. Riecht es? Etwas gibt es an ihm immer zu entdecken. Danach bitte ich darum, ein angenehmes und den Werten entsprechendes Gefühl in die andere Hand zu legen. Auch dies Gefühl wird ganz genau betrachtet und gewürdigt. Beides hat Anteil am Leben. Eines hebelt das andere nicht aus! Beides existiert.

Eine andere Methode, von der ich unlängst hörte, habe ich hier https://heilpraxis-psychotherapie-roderwald.de/unangenehme-gefuehle/ vorgestellt. Die Aufgabe ist: Spür das Gefühl körperlich! Wo findet es statt? Lass es durch Deinen Körper hindurch fließen – und siehe da, es wird nach weniger als zwei Minuten kleiner, bis es vergangen ist. Wiederhole, wenn nötig, bis Du sagen kannst: Es ist vorbei.

Wenn wir die Gefühle nicht verleugnen, die wir haben, ist die Chance da, dass wir weder uns selbst noch anderen damit schaden. Ein Gefühl zuzulassen, dazu zu stehen, bedeutet nicht, es einfach auszuagieren. Wir schauen es uns an, wir akzeptieren es, wir identifizieren uns jedoch nicht mit einem einzelnen Gefühl, sondern mit unserer ganzen emotionalen Vielfalt. So kann etwas in Balance kommen, was aus dieser zu rutschen droht!

Sie mögen vielleicht eher kognitiv-experimentell auf die Spur Ihrer unangenehmen Gefühle kommen? Dann schauen Sie doch hier mal rein: https://heilpraxis-psychotherapie-roderwald.de/experimente-5/. Am Beispiel Ärger finden Sie eine Übung zum Perspektivwechsel.

Eine ergänzende Methode, mit dem Ziel, längerfristig mit uns zunehmend ins Reine kommen, ist eine kleine meditative Übung, in der Sie einen Satz sagen, den Sie nicht glauben müssen, den Sie nicht mit Erwartungen verknüpfen sollen, nicht empfinden, sondern nur einfach aussprechen, wie einen Merksatz:
Denke an die Person, zu der Du die Abneigung spürst! Sage: „Ich wünsche dir ein gutes Leben“ oder „Mögest du zufrieden und genussvoll leben“ oder „Möge es dir wohl ergehen“. Sie haben vielleicht noch ähnliche Ideen. Wichtig ist, dass Sie jegliche Vorstellung fallen lassen, damit irgendetwas erreichen zu wollen oder zu können. Sagen Sie einfach diesen Satz einige Male am Tag, solange es für Sie passt. Tun Sie dieses, während Sie an die Person denken, die Sie mit negativen Gefühlen verbinden.

Zur Erinnerung: Die Gefühle dürfen sein!

Selbstakzeptanz gehört an den Anfang! Machen Sie sich nicht für Ihre Abneigung fertig. Überspielen Sie sie auch nicht mit Sätzen wie „Das ist bei mir eben so!“ Dahinter steckt häufig der Versuch, mit leichtem Trotz dem Gedanken auszuweichen, dass man sich seine unangenehmen Gefühle übel nimmt oder sich ihrer schämt. Weichen Sie auch nicht aus, indem Sie versuchen, das Positive im abgelehnten Gegenüber zu sehen und Ihre Abneigung zu relativieren. Nehmen Sie zuallererst das, was ist!

Und dann machen Sie die kleine Meditation.