Pendeln nach Peter A. Levine

Es kann sich gut anfühlen, sich auf neue Situationen einzulassen und alles Neue wahrzunehmen. Manchmal gelingt dies nicht, weil wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf das neue Ereignis, sondern auf unangenehme Erinnerungen, auf als schmerzlich oder beschämend Erlebtes richten. Wir koppeln dann die neue Situation mit dem vergangenen Ereignis und schränken uns dadurch ein.
Die Lösung kann darin bestehen, bei den eigenen Empfindungen verweilen zu lernen, bis sie anfangen, sich zu verändern. Dieses werden sie tun, einfach weil es die Natur jeglicher Empfindung ist, sich zu verändern. Es kommt allerdings mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit tatsächlich erst zu einer Verschlimmerung, ehe die Besserung eintritt – da wird es helfen zu wissen, dass dies ein vorübergehendes Geschehen ist.
Es ist wichtig zu begreifen, dass wir pendeln können, vor und zurück schwingen können zwischen diesen Empfindungen von Ausdehnung – d. h. offen zu sein für unsere innere Vielfalt und die äußeren Ereignisse – und von Einengung auf als unangenehm empfundene Erinnerungen. Und das zu erleben bedeutet, dass unser Feststecken ein Ende hat. Die Übungen, die ich von Levine übernommen habe, sind für das Erreichen dieses Zieles gedacht: Eine Kompetenz darin zu erwerben, mit den eigenen Empfindungen in Kontakt sein zu können, nicht darin stecken zu bleiben und nicht von ihnen überschwemmt zu werden.
Heute können Sie mit den Übungen beginnen, indem Sie zunächst erforschen, wie Sie sich bei angenehmen, dem inneren Selbst nahen Erinnerungen pendelnd erleben können.

  1. Vorbereitung: Sie können zunächst versuchen, einen Ton einzusetzen. Nehmen Sie einen tiefen Atemzug und lassen Sie die laute wuuuuu oder wwwwuuu während ihres gesamten Ausatmens ertönen. Danach lassen Sie einen neuen Atemzug kommen, so tief wie er will. Nehmen sie dies mit in die Pendelübung.
  2. Innere Haltung: Nehmen Sie im Folgenden Ihre Empfindungen wahr, so wie sie auftauchen. Verzichten Sie auf den Versuch, etwas auszugraben – alles was sich von selbst einstellen mag, ist in Ordnung. Es ist wie an einem Flussufer zu sitzen und das, was da vorbeifließt, einfach wahrzunehmen. Aha! Sieh da, interessant. Und was noch? Und was noch?
  3. Einführende Pendelübung: Ich lade Sie ein, sich jetzt eine Situation in Erinnerung zu rufen, in der Sie heute den Eindruck hatten, ganz Sie selbst zu sein. Wenn Sie wollen, können Sie dabei die Augen schließen. Das bedeutet natürlich, zunächst bis zum Ende der Übung zu lesen, bevor Sie sie durchführen. Das empfehle ich ohnehin.
    Vielleicht fühlen Sie sich in dem Moment der Erinnerung näher bei Ihrem wahren Selbst oder bei dem Selbst, das Sie sein möchten. Vielleicht fühlten Sie mehr Freude oder weniger Angst als üblich. Ich möchte Sie bitten, während Ihrer Erinnerung an diese Situation Ihr körperliches Erleben zu beobachten – ohne es zu beurteilen. Nehmen Sie es einfach wahr.
    Pendeln sie innerlich nun rhythmisch zwischen dem Bild oder der Erinnerung an dieses Ereignis und den momentanen Empfindungen in Ihrem Körper hin und her. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie möchten.
  4. Denken Sie als nächstes an eine Situation in den letzten Tagen, in der Sie ebenfalls das Gefühl hatten, in besonderem Maße Sie selbst zu sein. Pendeln Sie wiederum mit Ihrer Aufmerksamkeit vor und zurück zwischen der Erinnerung oder dem mentalen Bild dieses Augenblicks und Ihrem gegenwärtigen körperlichen Erleben, was auch immer es sein mag. Bleiben Sie ein paar Minuten lang mit diesem Prozess in Verbindung. Pendeln Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit vor und zurück zwischen dem Bild oder der Erinnerung und Ihren augenblicklichen Körperempfindungen, beobachten Sie den Prozess mit der AHA-Haltung.
  5. Als nächstes lade ich Sie ein, den Blick in die Vergangenheit ein wenig weiter auszudehnen. Rufen Sie sich eine Situation im vergangenen Monat ins Gedächtnis, in dem Sie das Gefühl hatten, ganz Sie selbst zu sein, das Selbst, das Sie sein wollen. Während Sie an diese Situation denken und das Bild vor Ihrem geistigen Auge aufrechterhalten, nehmen Sie sich wiederum Zeit, um zwischen dem Bild und Ihren körperlichen Empfindungen vor und zurück zu pendeln. Pendeln Sie vor und zurück und lassen Sie sich den Rhythmus spüren, in dem sich Ihr Bewusstsein von der Erinnerung zum Körperempfinden bewegt und vom Körperempfinden zur Erinnerung.
    Erlauben Sie Ihrer Empfindung, zu wachsen, so dass Sie sich Ihres gesamten Körpers bewusst werden!
  6. Nun können Sie allmählich daran denken, Ihre Augen wieder zu öffnen und zurück in den Raum zu kommen. Öffnen Sie sie langsam und in Ihrer Zeit und betrachten Sie den vor Ihnen nächsten besonderen Gegenstand, sehen Sie ihn sich einfach an und bewegen Sie sich vor und zurück mit Ihrer Aufmerksamkeit zwischen dem äußeren Objekt und Ihrem inneren Erleben und fühlen Sie erneut den Rhythmus dieses Pendels in Ihrem Körper.
    Wenn Sie wollen, können Sie während ihrer Rückkehr in die äußere Welt Elemente aus der Körpergrenzen-Übung anschließen und beispielsweise mit den Händen ihre Muskeln durchkneten oder unterschiedliche Teile ihres Körpers sanft abklopfen.

    Eine gute Woche!