ja, was dann?
Es soll ja gar nicht so selten vorkommen, dass ein Mensch nicht so lebt, wie es seinen Werten, Wünschen und Zielen entspräche. Manchmal zieht sich das ein Leben lang so hin, was ja heißt: bis zum Tode. Also, bis das Leben vorbei ist. Bis nichts mehr geht.
(Falls Sie an die Wiedergeburt glauben – nun, die Theorien, die ich dazu kenne, gehen davon aus, dass im neuen Leben keine Erinnerung an das letzte Leben besteht. Schade, denn dann ließen sich Ihre Projekte aus diesem Leben im nächsten Leben leider nicht verfolgen!)
Wozu machen wir das? Wozu verzichten wir darauf, unser Leben zu leben, wie wir es uns vorstellen oder wünschen? Meistens höre ich – und diese Stimme gibt es auch in meinem eigenen Kopf – dass äußere Gründe dafür sorgen, dass wir nicht vom Fleck kommen. Scheinbar oder tatsächlich Unabänderliches. Beispiele? Bitte sehr!
- Weil ich in meinem Job zu wenig Handlungsfreiheit habe, kann ich nichts so machen, wie ich es richtig finde!
- Weil ich zu wenig Geld verdiene, kann ich mir keine eigene Wohnung suchen und bleibe bei den Eltern, dem nicht mehr passenden Partner, den anstrengenden Mitbewohnern in meiner WG, und dort wohne ich weiter und bin unzufrieden.
- Weil ich immer Schmerzen habe, kann ich auf gar keinen Fall täglich spazieren gehen, Übungen machen, schwimmen oder mal tanzen…
- Weil ich zu wenig Zeit habe, pflege ich kein Hobby.
- Weil die Welt so unsicher ist, verlasse ich dieses Land nicht, um einmal zu sehen wie Menschen in anderen Ländern leben.
- Weil ich als Kind in der Schule nicht gut genug war, die Lehrer so gemein waren und ich keine Hilfe hatte, kann ich auch heute als Erwachsener nichts Neues lernen.
- Weil ich viel zu machtlos bin, hat es keinen Sinn, mich politisch zu engagieren!
- Weil ich schon so alt bin, kann ich nichts Neues beginnen.
- Weil jemand von mir abhängig zu sein scheint, kann ich nicht frei sein.
- Weil ich für jemanden sorgen muss, kann ich für mich selbst nicht sorgen.
- Weil ich so nervös bin, kann ich nicht entspannen (?!?!?!)
- Weil ich mit so vielen Pflichten überhäuft bin, kann ich keinen perfekten Tag gestalten, Ideen habe ich, aber …
- … … …
Ihnen fallen bestimmt noch mehr Beispiele ein!
Kennen Sie etwas davon, so ähnlich vielleicht?
Falls jemand mit Ihnen schon einmal diskutiert hat, Sie
überzeugen wollte, dass Ihre Gründe nicht stichhaltig seien, womöglich
vorgeschoben…
Sie müssten doch nur zum Beispiel dies und jenes anders sehen…
oder folgenden kleinen Rat befolgen…
ob Sie denn nicht wüssten, dass…
ob Sie eigentlich schon versucht hätten…
oder oder oder … und so weiter und so weiter:
Wenn Sie das kennen und sich womöglich schon beim Lesen dieser Zeile Ihre
Nackenhaare hochstellen – dann kennen Sie wahrscheinlich auch Ihre Reaktion auf
dergleichen Gutgemeintes.
Zum Beispiel könnten Sie blockieren, das Gespräch beenden,
oder Sie finden 1.000 Argumente für Ihre Position und mit jedem Argument wird Ihnen
klarer, dass Sie alles ganz richtig sehen,
oder Sie ziehen sich zurück, Sie schmollen womöglich.
Vielleicht fühlen Sie sich gründlich falsch verstanden: Warum sieht niemand,
dass meine Probleme objektiv kaum lösbar sind?
Weil ich das von mir durchaus kenne, freue ich mich darauf, einmal anders zu denken, einen anderen Weg aus dieser scheinbar aussichtslosen Situation zu finden – denn ich möchte eine Stimme in mir finden, die der lauten Stimme, die da in mir sagt „Geht alles nicht!“ etwas entgegen setzt!
Deshalb mach ich mir eine Liste mit dem Titel „Was wäre wenn…?“
- wenn ich einen anderen Job hätte
- wenn ich noch jünger wäre
- wenn ich mehr Menschen kennte, die mal mit anpacken mögen
- wenn ich gesünder wäre
- wenn ich reich wäre
- wenn niemand auf meine Hilfe angewiesen wäre
- wenn es nicht so viele Normen und Regeln gäbe
- wenn ich nicht so viele Pflichten hätte
- wenn der Tag 34 Stunden hätte
- wenn ich ewig leben würde…
- …
… ja was wäre dann?
Ich wäre ja nicht von allein meinen Zielen näher, mit meinen Werten enger verbunden, an meinen Bedürfnissen dichter dran.
Wenn das alles anders wäre, was würde ich dann anders machen?
Wenn ich sehr viel klarer sehe, was ich dann anders
machen könnte und wollte und würde, wenn ich es mir mit allen Sinnen
vorstelle und plastisch ausmale –
dann kann ich sehr viel besser darauf schauen, was denn jetzt schon möglich
ist, ohne all die idealen Bedingungen, die es wohl wirklich sehr selten gibt.
Was kann ich tun, damit sich die Situation in meinem Sinn verbessert, sodass die Voraussetzungen für meine Ziele sich verbessern?
Wann will ich damit beginnen?
Was brauche ich an Werkzeug, wie will ich es besorgen?
Spannend!
Sind die Steine, die auf dem Weg liegen, gerade wie von Zauberhand kleiner geworden?
Bis nächste Woche!