Pendeln nach Peter A. Levine, zweiter Teil

Sollten Sie anfangs bei dieser Übung merken, dass die Empfindungen Sie zu überschwemmen drohen, dann hören Sie damit auf. Teetrinken, dem Atem folgen, an die frische Luft gehen – sorgen Sie für sich! Es ist gut, sich einen neuen Zeitraum zu wählen und vielleicht auch eine Begleitung für die Übung!
In der Folge heute geht es um mögliche unangenehme Erinnerungen.
(Für alle, die nicht Autofahren: Die S-Bahn ist per Ansage angekündigt, kommt aber nicht, die Anzeigetafel gibt nichts her. Oder: Sie kommen mit dem Fahrrad nicht weiter, Rad- und Fußweg sind aufgerissen, die Fahrbahn ist verengt und Sie hängen im Stau zusammen mit den Autos. Oder: An den Supermarktkassen lange Schlangen, an Ihrer Kasse gibt es ein Problem… Übersetzen Sie sich die folgende Übung einfach in etwas, das Sie gut kennen!)

Ich möchte Sie bitten, sich jetzt eine Erfahrung in Erinnerung zu rufen, bei der Sie sich ein bisschen unwohl gefühlt haben.
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Auto am Steuer und sind auf dem Heimweg vom Einkaufen oder von der Arbeit. Sie fühlen sich ausgeglichen, freuen sich darauf, nach Hause zu kommen. Weil Sie merken, dass die Fahrzeuge vor Ihnen ihre Geschwindigkeit verlangsamen, treten auch Sie auf die Bremse, Ihr Wagen kommt langsam zum Stehen. Sie befinden sich in einem Verkehrsstau. Die Ursache für den Stau können Sie nicht erkennen, weil Sie zu weit von ihr entfernt sind. Versetzen Sie sich ganz in diese Situation, holen Sie Ihre Erinnerung in deutlichen Bildern herbei, vielleicht können Sie sich sogar an Geräusche, Gesprächsfetzen aus dem Radio, den Geruch von Abgasen erinnern?
Jetzt möchte ich Sie bitten wahrzunehmen, was Ihnen Ihr Körperempfinden mitteilt. Wenn es der übliche Ärger darüber ist, in einem Verkehrsstau stecken geblieben zu sein, dann verweilen Sie einfach eine Zeitlang dabei und nehmen wahr, was Ihr Körper erlebt. Achten Sie darauf, wie und wo Sie den Ärger in Ihrem Körper spüren. Bleiben Sie mit Ihrer Achtsamkeit dann einfach bei der körperlichen Empfindung, so lange, bis sie anfängt, sich zu verändern. Beobachten Sie diese Rhythmen von Veränderungen! Seien Sie neugierig, was Ihr Körperempfinden Ihnen alles mitteilt!
Wenn Sie sich durch diesen Teil der Übung an irgendeiner Stelle sehr beunruhigt fühlen, brechen Sie die Übung ab und kehren Sie zu einem späteren Zeitpunkt zu ihr zurück. Zusätzlich empfehle ich Ihnen, die Aufmerksamkeit auf eine angenehme Erfahrung zu richten, die Sie kürzlich gemacht haben. Seien Sie auch hierbei interessiert daran, wie und wo genau Sie dies im Körper spüren!
Es kann sehr guttun, bewusst zu erleben, dass diese Empfindungen, seien sie angenehm oder unangenehm, nichts festes oder statisches an sich haben, sobald Sie sich ihnen aufmerksam zuwenden! Die Veränderung und das Erleben von Lebendigkeit können schon in dem Moment einsetzen, in dem Sie aufmerksam und akzeptierend auf Ihre Empfindungen schauen. Aha! Und jetzt… und jetzt?

Nach einiger Übung kann es sein, dass Sie ganz deutlich spüren, dass es einen Rhythmus gibt, vom auf ein ganz bestimmtes Empfinden Eingeengt-Sein, zum Beispiel auf Ärger, hin zu einem Gefühl der Ausdehnung, der Erweiterung Ihres Spürens! Einer Erweiterung auf den ganzen Körper und womöglich darüber hinaus in die Umgebung! Sanftes Atmen hilft dabei. Wenn Sie schließlich hin und her pendeln können zwischen beiden Erlebensweisen, dann wissen Sie ein für allemal, dass Sie Meister*in Ihrer Empfindungen sind!

Eine gute Woche!