Angst von der Erstarrungsreaktion abkoppeln

Wenn Tiere aufgrund einer Bedrohung reglos werden, ist diese Reaktion zeitlich begrenzt. Sobald sie aus dem Totstellreflex herauskommen, steht ihnen die eingeschlossene Energie zur Flucht oder für einen Gegenangriff zur Verfügung. Wir Menschen empfinden die Energie, die in der Erstarrung eingesperrt ist, oft als so mächtig, dass wir Angst vor ihr bekommen.
Zur Überwindung ist es also erforderlich, die Angst von der Reaktion selbst abzukoppeln. Dadurch kann die steckengebliebene Energie befreit werden, so dass sie dem Körper für beliebige Verwendungszwecke wieder zur Verfügung steht. Wie geht das?
Die Kräfte, die der Erstarrung und dem Schrecken, möglicher Wut oder gefühlter Hilflosigkeit zugrunde liegen, sind letztlich biologische Energien. Die Art und Weise, in der wir zu diesen Energien Zugang finden und sie integrieren, bestimmt darüber, ob wir weiterhin eingefroren und überwältigt bleiben, oder uns durch sich hindurchbewegen und auftauen.
Unsere Chancen stehen gut! Wir können unsere Ängste überwinden, denn durch die Verwendung unserer hochentwickelten Denk- und Wahrnehmungsfähigkeiten sind wir in der Lage, uns bewusst aus der Reaktion auf Bedrohungen heraus zu bewegen. Dies ist auch möglich, wenn das traumatisierende Ereignis schon lange zurück liegt!
Die Erstarrungsreaktion drängt nach Auflösung. So sagt es Peter A. Levine, der dies bei sich selbst in der Folge eines erlebten Unfalls beobachtete, und daraufhin diesen Gedanken immer weiter verfolgt hat.
Wenn wir mitunter das Gefühl haben, wie erstarrt zu sein, stecken zu bleiben oder uns nicht bewegen zu können, gibt es einen Trick: Wir können lernen, die körperliche Empfindung einfach wahrzunehmen, darauf zu fokussieren, wie sie sich körperlich darstellt. Bleiben wir dabei in einer Beobachter-Haltung, sagen dazu einfach „Aha, so ist das also gerade“, interpretieren und bewerten wir nicht, erlauben wir uns, einfach die körperliche Empfindung der Bewegungsunfähigkeit zu spüren! Dann werden wir feststellen, dass sie schon nach relativ kurzer Zeit nachlässt, ihre Qualität sich verändert. Wir werden auch die daraufhin befreite Energie lernen zu spüren. Wenn uns dies immer besser gelingt, können wir künftig in bedrohlich erlebten Situationen immer rascher ins Gleichgewicht zurückkehren – wir erleben, dass wir nicht ausgeliefert, sondern tatsächlich selbststeuerungsfähig sind.
Wir können uns vorstellen, wir wären ein Tier in der Wildnis, das die Erstarrung, wie eingangs beschrieben, durchlebt und nach einem kurzen Schütteln oder Zittern wieder davon springt oder auch sich zur Wehr setzt. Wir können dies einige Male, ohne in konkreten Ereignissen zu sein, üben – spielerisch, fantasievoll. Geraten wir dann in eine problematische Lage, wird uns dies alles wieder vor Augen sein und uns davor bewahren, zu katastrophisieren und festzustecken.

Kehren wir danach wieder in eine Empfindung von Gleichgewicht und Ruhe zurück, kann es sehr hilfreich für uns sein, dies noch weiter zu verstärken. Manche Menschen haben Schwierigkeiten damit, nach einem hochemotionalen Erleben die Ruhe danach als angenehm zu bewerten und zu empfinden. Viele von uns sind daran nicht mehr gewöhnt! Üben wir also auch hier: Sagen wir zu uns passende Sätze zur Unterstützung des inneren Gleichgewichts nach einer Erregung:

Endlich in meiner Ruhe! Endlich zuhause, ganz bei mir! Ganz in meiner Mitte!
Fällt es noch schwer? Dann üben wir erstmal so:
Auch wenn ich davon noch etwas irritiert bin, komme ich einem Zustand von Ruhe und meiner inneren Mitte immer näher!
Auch wenn es noch nicht ganz und gar für mich spürbar ist, ich ahne schon, wie es ist, ganz in mir zuhause zu sein!

Eine gute Woche!