Den Körper im Kontakt spüren und zentriert bleiben

(nach Peter A. Levine)

Erste Übung: Die Kontaktgrenze

Sie benötigen eine Schnur, eine Wäscheleine zum Beispiel oder einen Bindfaden von einigen Metern Länge, dazu einige kleine Gegenstände, z. B. Steinchen oder Klötzchen.
Für diese Übung bitten Sie eine vertraute Person, Sie zu unterstützen. Sie benötigen auch ein wenig Raum für diese Übung! Wenn es in Ihrer Wohnung nicht möglich ist, diesen frei zu räumen, schauen Sie nach einem Raum außerhalb Ihrer Wohnung. Bei schönem Wetter im Park können Sie sie auch durchführen.
Nachdem Sie in den letzten Übungen erlebt haben, wie Sie Ihre Körpergrenzen spüren können, die äußeren und die inneren, können Sie heute damit beginnen, Ihre komfortable räumliche Ausdehnung um sich herum wahrzunehmen. Die Grenze, die Sie heute spüren können und die sehr wichtig für Sie sein kann, ist diejenige im Kontakt mit anderen Menschen.

Sie sitzen auf dem Boden, bequem, vielleicht mit einem Kissen, vielleicht mit untergeschlagenen Beinen, so wie es angenehm ist.  Sie nehmen zunächst den Raum um sich herum wahr: vor sich, zu beiden Seiten, und dann auch hinter Ihnen. Langsam und aufmerksam!
Bitten Sie die vertraute Person, sich Ihnen langsam und achtsam zu nähern. Achten Sie selbst ganz genau darauf, wann Sie sich körperlich beginnen, unbehaglich zu fühlen, oder auch gedanklich einen Eindruck von „zu nahe“ zu entwickeln.. Sagen Sie sich: Es ist in Ordnung, dass ich diese Grenze habe! Spüren Sie diese Grenze auf allen Seiten, vorne, seitlich und hinter Ihnen!
Sagen Sie jeweils Stopp, wenn Sie sich unbehaglich fühlen und markieren Sie diese Punktemit den kleinen Gegenständen. Bitten Sie die Person, mit der Sie zusammen üben, Ihnen die Schnur zu geben und legen Sie damit einen geschlossenen Raum um sich herum, der Ihre Grenze sichtbar macht. Benutzen Sie dabei die markierten Punkte, die Sie zuvor herausgefunden hatten.
Es ist übrigens ganz verschieden von Mensch zu Mensch, wie groß dieser Raum ist. Es kann sogar zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich für Sie sein. Hier gibt es kein richtig oder falsch! Es geht nur darum, Ihre Wahrnehmung zu schärfen. Vielleicht bemerken Sie, dass Sie sich nicht bewusst waren, dass Sie diese Grenze haben.
Wenn Sie diesen Raum um sich herum mit Hilfe Ihrer Schnur kenntlich gemacht haben, sagen Sie laut und vernehmlich: „Hier sind meine persönlichen Grenzen! Du darfst sie nur übertreten, wenn ich dich dazu einlade, und du musst wieder aus meinem Raum heraus gehen, wenn ich dich dazu auffordere!“

Mit dieser Übung können Sie Ihr Verständnis füreinander vertiefen! Wechseln Sie, wenn Sie mögen, dafür die Rollen! Achten Sie gut darauf, nicht zu bewerten – auch zu interpretieren ist nicht nötig. Nehmen Sie einfach wahr: Aha! Danke für diese Erfahrung!

Zweite Übung: Das Zentrum spüren

Zunächst verbinden Sie sich aufrecht stehend mit dem Boden. Unsere Verbindung zum Boden entdecken wir, indem wir zunächst unsere Fußsohlen spüren. Wir spüren, wie wir über sie Kontakt zu dem Boden unter und uns haben. Wir stehen fest auf dem Boden. Wir beobachten: Sind wir eher steif oder elastisch in den Knien und den Hüftbeugern? Wir müssen nichts ändern. Wir nehmen nur wahr!
Wir stellen uns vor, dass unsere Füße beinahe wie mit Saugnäpfen am Boden kleben, so dass wir gut verankert sind. Mit dieser Vorstellung beginnen wir, den Körper leicht vor und zurück schwingen zu lassen. Aller Ehrgeiz bleibt beiseite, genießen wir das leichte Schwingen vor und zurück, begleiten wir das Schwingen mit unserem Atem. Schwingen wir auch zu beiden Seiten, kreisen um unseren Stand herum, in beide Richtungen, und entdecken auf diese Weise nach und nach, wo wir unser Schwerkraftzentrum im Körper haben. Höchstwahrscheinlich finden wir es im Beckenbereich. Wir legen die Hände darauf und schwingen sanft weiter.
Wir können unser Zentrum auch im Sitzen spüren. Wir sitzen aufrecht auf einem Stuhl und legen beide Hände auf unseren Unterbauch, atmen in diese Region freundlich und achtsam hinein und spüren auch hier, wie wir unsere Fußsohlen wahrnehmen, im Kontakt zum Boden. Vielleicht fühlen wir eine Energie, die vom Boden die Knöchel hinauf bis in unseren Unterbauch strömt und unser Zentrum stärkt.

Nach dieser zweiten Übung können wir, nach einer Pause, die erste Übung wiederholen und Unterschiede entdecken: Wir können unser Zentrum und unsere Kontaktgrenze zugleich wahrnehmen!

Eine gute Woche!