Reflexintegration 3, mit einem Vorwort zur Covid 19-Erkrankungswelle

Eine neue Woche, eine Woche, in der wir uns umgewöhnen sollten und zum Teil auch müssen: Beschränkungen in vielen Lebensbereichen, die Kinder müssen privat versorgt werden, der öffentliche Dienst für sie fällt weitgehend aus. Kino is nich usw. usw.

Am stärksten trifft es die Menschen, die medizinische Hilfe und Pflege an andere Menschen geben und auch die, die wissenschaftlich arbeiten, entwickelnd, auswertend, informierend. Sie haben eine große Belastung zu stemmen. Sie arbeiten für uns andere, die  n u r  eine Lebensumstellung zu bewältigen haben und noch gesund sind und für diejenigen, die bereits der medizinischen Hilfe und Pflege bedürfen.
(Meine Leser*innenschaft vermute ich hier bei uns im Norden und gehe daher nicht davon aus, dass schon schwere Erkrankungen oder Todesfälle zu bewältigen sind. Wäre schön, es bliebe so!)

Was kann ich tun, in meinem Beruf? Ich denke an Menschen, die Angst und Unsicherheit ohnehin in ihrem Leben kennen. Ich denke an Alleinlebende, die sich jetzt vor Isolation fürchten. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass ich häufiger telefoniere. Der persönliche Kontakt ist mir lieber, aber das geht nun nicht mehr in jedem Fall. Machen Sie doch mit, rufen Sie Freunde und Bekannte, die beunruhigt, ängstlich oder allein sind, mal wieder an! Mach doch mit, ruf Freunde und Bekannte, die beunruhigt, ängstlich oder allein sind, mal wieder an!

Liest Ihre / Deine Nachbarin, Ihr / Dein Nachbar gern? Quillt Ihr / Dein Bücherschrank über? Legen Sie / lege doch ein Buchpaket zum Mitnehmen ins Treppenhaus, vor die Tür! Mit ein paar freundlichen Worten dazu. Wenn Sie sich richtig gut dabei fühlen wollen, wenn Du Dich richtig gut dabei fühlen willst: Ziehen Sie / zieh Einmalhandschuhe bei der Auswahl an. Doch! Lieber sich mal albern fühlen und jetzt „ach, wie übertrieben denken“, als später zu denken, „ich hab‘s gut gemeint und dann ist es was Schlechtes geworden!“ Vorsichtig und umsichtig zu sein, verbraucht letztlich weniger Energie, als die letzten Wochen danach zu durchforsten, ob man schon mit dem Virus in Kontakt war.

Sie haben bestimmt Ideen, wie solidarisches Handeln geht! Und sollten Sie selbst zu denen gehören, die auf die Hilfe ihrer Nachbarn und Bekannten hoffen: Bitten Sie darum, mehr als Nein sagen können die nicht, fragen Sie halt jemand anderen. Auch wenn Sie daran nicht gewöhnt sind. Neue Gewohnheiten sind manchmal ein prima Impuls für ein verändertes Lebensgefühl!
Du hast bestimmt Ideen, wie solidarisches Handeln geht! Und solltest Du selbst zu denen gehören, die auf die Hilfe ihrer Nachbarn und Bekannten hoffen: Bitte darum, mehr als Nein sagen können die nicht, frag halt jemand anderen. Auch wenn Du daran nicht gewöhnt bist. Neue Gewohnheiten sind manchmal ein prima Impuls für ein verändertes Lebensgefühl!

Nun, ich komm mir schon ein bisschen komisch vor, im Zusammenhang mit Reflexintegration heute zur Selbsterforschung aufzurufen, denn dies ist ja eh schon so ein mächtiges Thema in diesen Tagen. Dennoch: Ich hab‘s angekündigt und bitte sehr! Hier kommt eine Liste von möglichen Auffälligkeiten, die auf nicht integrierte frühe Reflexe hindeuten können:

– Überreaktion bei plötzlichen, unerwarteten Geräuschen und Bewegungen

– Agoraphobie, Panikattacken, extreme Ängste, deren Ursprung im Unklaren liegt

– gelegentlich das Gefühl, vornüber zu fallen

– Dinge oder Gebäude, die fest stehen, scheinen sich manchmal zu bewegen

– manchmal fällt es schwer, den Blick zu fokussieren

– Übelkeit, Schwindel, auch im Liegen

– mangelndes körperliches Gleichgewicht

– Probleme bei der Körperkoordination, oben und unten, rechts und links arbeiten nicht gut zusammen

– Migräne

– Lichtempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit, Berührungsempfindlichkeit

– rechts-links-Unterscheidung unsicher

– Flüchtigkeitsfehler beim Schreiben

– häufige Ungeschicklichkeit, Anstoßen an Möbeln oder Ecken bei Müdigkeit

– Wortunsicherheiten trotz Wissens, was man sagen möchte

– möglicherweise gute Leistungen in Schule und Beruf, dennoch Prüfungsangst

In der Vorgeschichte häufige Hals- Nasen- Ohrentzündungen? Spätes Laufenlernen oder Sprechenlernen? Fahrradfahren schlecht gelernt? Ballfangen schlecht gekonnt? Balancieren, Bockspringen, Seilklettern Fehlanzeige trotz Bemühens?

Noch lange ins Bett gemacht? Reiseübelkeit? Noch lange am Daumen gelutscht?

Weitere Fragen könnte die Person beantworten, die Sie / Dich geboren und in den ersten Lebensmonaten versorgt und begleitet hat. Umstände, an die Sie / Du keine Erinnerung haben / hast: Wenn das möglich ist, sollten Sie / solltest Du nach Besonderheiten in der Schwangerschaft, bei der Geburt, in der frühen Entwicklung fragen.

Fündig geworden? Mehreres mit „Ja“ beantwortet? All das muss keinesfalls auf mangelnde Reflexintegration hinweisen, die Zusammenhänge können auch ganz andere sein. Die Schwere der Auffälligkeiten wird von Menschen unterschiedlich bewertet werden. Aber es kann eben auch sein, dass hier der Ursprung Ihrer / Deiner Probleme liegt. Die dafür ausgebildete Kraft kann dies mit einigen Tests herausfinden. In mir finden Sie / findest Du eine solche.

Termine können wir ab jetzt machen, für ca. ab Mitte April, je nach Entwicklung der Covid 19-Welle. Bei weiterem Informationsbedarf schreibe ich gerne auch etwas über das Verfahren beim Testen und natürlich bei der anschließenden Therapie.

Bleiben Sie gesund! Handeln Sie umsichtig! Bleiben Sie besonnen!

Bleib gesund! Handele umsichtig! Bleib besonnen!

Eine gute Woche!

Reflexintegration 2

Ich komme auf mein Thema der letzten Woche zurück, die überdauernden frühkindlichen Reflexe und ihre möglichen Folgen. Diese beschäftigen mich schon sehr. Zunächst einige Vorüberlegungen:

Wir sind daran gewöhnt, zuzugestehen, dass es die sogenannten psychosomatischen Beschwerden gibt. Ein nicht auf äußere Einflüsse und nicht auf körperliche Verursachung zurückzuführendes Herzrasen oder Magenbeschwerden, obgleich wir nichts Unverträgliches gegessen haben und wofür der Arzt nach aller medizinischen Kunst nichts Physisches herausfinden kann, sind wir geneigt, als psychosomatisch verursacht zu bezeichnen.

Weniger im Blick haben wir, obwohl diese Erfahrung doch zu unserem Alltag gehört, sind die somato-psychischen Beschwerden. Ein Kind, das sich sehr doll die Knie aufschlägt, wir wohl meist erstmal herzzerreißend (!) weinen. Eine langdauernde Erkrankung schlägt uns aufs Gemüt. Natürlich reagieren Menschen verschieden auf die Einschränkungen, die sie durch Krankheit oder Unfallfolgen zu verarbeiten haben, jedoch wird diese körperliche Erfahrung sie in irgendeiner Weise verändern, sie sind psychisch in einem anderen Zustand als zuvor.

Bei diesen Überlegungen komme ich wieder an den Punkt, dass mir die Trennung von Körper und Psyche als unsinnig erscheint. Wozu ist das gut? Wenn ein Mensch leidet, werden wir gut daran tun, nach allen Möglichkeiten Ausschau zu halten, durch die er Hilfe finden kann. Das Kind ist gestürzt, die Wunde wird beschaut, gereinigt, verbunden, das Kind wird getröstet, nichts davon sollte fehlen.

Ein Mensch, der an Parkinson erkrankt ist, benötigt Medikamente, Übungen und Solidarität. Nichts davon sollte fehlen. Soweit zu den helfenden Maßnahmen.

Wie steht es mit der Diagnostik? Ist es wirklich in jedem Fall – oder überhaupt in auch nur in einem einzigen Fall – möglich, den Zustand eines leidenden Menschen auf nur einen Ursachenkomplex zurückzuführen? Körperlich oder psychisch? Wir wissen, dass die Immunabwehr eines traurigen oder stressgeplagten Menschen weniger gut funktioniert als die eines ausgeglichenen, mit seinem Leben zufriedenen Menschen. Körper und Psyche sind beim Schnupfen beide am Start.

Es soll Einflüsse der Psyche auf die Wundheilung geben: Liebevolle Pflege unterstütze den Körper bei seiner Arbeit, Einsamkeit behindere, sagen einige. Mir leuchtet das ein.
Ein Mensch mit Zielen und Vertrauen ins Leben und in sich wird eine Operation besser überstehen als ein Mensch mit Defiziten in diesen Bereichen. Erlebt ein Mensch, dass er die Operation gut überstanden hat und wieder zuversichtlich hinaus ins Leben gehen kann, wird dies Auswirkungen auf sein Selbstbild ebenso wie auf seine Leistungsfähigkeit haben. Körper und Psyche sind eins.

Wenn ich nun auf die frühkindlichen Reflexe schaue, dann entnehme ich der Literatur, dass diese, wenn sie nicht in der Entwicklung des Kindes integriert und abgelöst wurden, Folgen haben können, die über die reine Körperlichkeit hinausgehen. Wir sind ein System. Jeder Einfluss wirkt an mehreren Stellen und beeinflusst die Organisation des gesamten Systems.
Auch die Verursachung dieser mangelnden Reflexintegration kann verschieden sein, bzw. mehr als einen Ursprung haben. Hier spreche ich von der Befindlichkeit und dem Erleben der Mutter während der Schwangerschaft und dem Erleben des Babys im ersten Lebensjahr.

Wir sind bereits auf der Ebene des Fötus mit Urreflexen ausgestattet, schon bevor das zentrale Nervensystem ausgebildet wurde. Im Leib der Mutter ist ganz schön was los! Diese frühen Reflexe sichern das Überleben und sie leiten jeweils in den nächsten Schritt der Menschwerdung über. Sie sind bei der Geburt dabei, beim ersten Schrei, beim Drehen in den Vierfüßlerstand und beim Hochkommen in den Zweibeinstand. Sie helfen, dass der Kopf gehalten und gedreht werden kann, dass die Augen der Bewegung folgen, und und und… Zu Beginn fällt das Kind noch um, wenn es den Kopf zum Geräusch dreht, dann kann es irgendwann das Gleichgewicht stabil halten, sogar beim Rückwärtslaufen. Es sei denn… Es sei denn Reflexe haben Bestand, sind aktiv, obgleich höhere Hirnfunktionen schon übernommen haben sollten. Dann kann es schwierig werden im Reifungsprozess.

Die Reflexintegration spielt also logischerweise für die weitere Entwicklung des Kindes eine bedeutende Rolle, Probleme beim Lernen und auch im Verhalten können den schulischen Werdegang empfindlich stören. Ich empfehle hierzu die Autorin Sally Goddard Blythe zu lesen, wenn Dein / Ihr Interesse geweckt sein sollte. Mir sagt diese Autorin zu, denn sie belegt ihre Aussagen mit zahlreichen Literaturverweisen. (Natürlich gibt es auch andere Autor*innen. In der Praxis werde ich mich an Sieber & Paasch halten, die Methode RIT®).

Die Diagnostik und das Training für Kinder liegt inzwischen nicht mehr in meinem Aufgabenbereich, ich bedaure, als Lehrkraft an Förderschulen diese Kenntnisse noch nicht erworben gehabt zu haben! Die Frage an Physiotherapeuten und Ergotherapeuten, ob sie auch Reflexintegration im Portfolio haben, möchte ich ausdrücklich empfehlen zu stellen, wenn Dein / Ihr Kind Schwierigkeiten hat!

Für mich in meiner Praxis für Erwachsene und in meinem Leben ist es sehr erhellend zu verstehen, dass manche Schwierigkeiten auch im späteren Leben noch diesen Hintergrund haben können. Schwierigkeiten, die in den Reaktionen der Körperhaltung und des Gleichgewichts auftauchen und auf nicht gereifte Reflexe zurückzuführen sind, prägen Menschen auch in ihrer Persönlichkeit.
Beispiel: J. hatte immer schon Gleichgewichtsprobleme. Sie hatte so sehr versucht, Schlittschuh- und Rollschuhlaufen zu lernen – es war nicht von Erfolg gekrönt. Sie war die Einzige, die nicht mithalten konnte! Es war auch mit dem Radfahren nicht eben einfach – es brauchte sehr verständnisvolle Freundinnen, es überhaupt zu lernen, und in Stresssituationen im Verkehr war es immer eine Herausforderung für sie, nicht abzusteigen und zu Fuß nach Hause zu gehen. Irgendwann hat sie es aufgegeben und erlebte sich dabei als unzulänglich. Inzwischen hat sie einen inneren Abstand dazu gefunden, staunt nur einfach, dass manch 70-Jährige im Ort elegant und sicher an ihr vorbeizieht. Wie machen das die anderen? Sie hat den Dreh nicht gefunden. Lange Zeit ihres Lebens war sie mit Schamgefühlen unterwegs und hat sich bemüht, ihr Handicap zu verbergen. Das war für sie eine permanente Verunsicherung! Es kostete Kraft und zog Aufmerksamkeit.

Es können Bewegungsabläufe ebenso wie Selbstwertempfindung beeinträchtigt sein, mit den entsprechenden möglichen Folgen von Unfallneigung, Deprimiertheit und unter Umständen sogar sozialem Rückzug. In der Kindheit bei sportlichen Ereignissen immer zurückzubleiben kann das Selbstbild nachhaltig trüben!

Goddard Blythe schreibt, dass im Falle mangelnder Reflexintegration höhere Hirnzentren herangezogen werden müssen, um Gleichgewicht, Wahrnehmung und Körperkoordination herzustellen, da die normalerweise zuständigen, unbewusst arbeitenden Hirnzentren nicht dazu in der Lage sind, wenn die Reflexe nicht gereift sind. Die kortikalen Zentren werden mit Aufgaben überladen, die nicht ihre eigentlichen sind. Damit sie dennoch ihre Aufgaben der bewussten Informationsverarbeitung und willentlichen Steuerung erledigen können, muss der Mensch kompensatorische Energie aufwenden. Hier  k a n n  ein Ursprung für den Eindruck mancher Menschen sein, sie müssten sich bei allem immer sehr anstrengen. Goddard Blythe sieht hier auch eine mögliche Verursachung für ein zu hohes Erregungsniveau und dem Erleben, dass die Erregung mit der entsprechenden Zuschreibung überwältigend sei – Angst zum Beispiel.

Und ich? Quickstepp zu tanzen werde ich nicht mehr lernen, schätze ich. Die Übungen zur Integration der Reflexe, bei denen ich offenbar etwas nachzuarbeiten habe, mache ich dennoch und bin sehr neugierig, wie es damit weiter geht! Ich werde berichten!

Nächste Woche schreibe ich darüber, bei welchen Erscheinungen es Hinweise gibt, dass es mit der Reflexintegration Probleme gab und diese bis ins Heute hinein wirken. Dann kann als nächstes eine entsprechend ausgebildete Fachkraft aufgesucht werden, dies zu testen. Dann geht es gegebenenfalls an die Bewegungen, die nach regelmäßigem Üben das Leben erleichtern.

Eine schöne Woche!

Frühe Reflexe integrieren

Neigung zu Angst, Empfindlichkeit bei Berührung, Lärm oder Licht, Gleichgewichtsprobleme, Konzentrationsprobleme, Fluchtimpulse, Schwierigkeiten im Kontakt mit anderen Menschen, Nähe als unangenehm empfinden…. Symptome, die unser Leben erschweren und deren Kompensation im Alltag viel Energie verzehrt: Eine (!) mögliche Ursache kann in nicht gehemmten frühkindlichen Reflexen liegen. Später erkläre ich, worum es dabei geht. Zuvor ein möglicher Ablauf einer Therapie:

Ja, wir erforschen die Lebensgeschichte und durch die Fragen der Anamnese und vor allem die Antworten der Hilfesuchenden kommt schon einiges in einen verstehbaren Zusammenhang mit den Problemen im Jetzt. Ein neuer, klarerer Blick, manch ein „AHA!“ entwickelt sich.
Wir sehen, wir können unsere Lebensereignisse anders bewerten und bearbeiten, als wir dies zu Zeiten taten, als wir dafür noch nicht die Kompetenzen hatten. Wir entdecken, dass wir uns von sogenannten Glaubenssätzen befreien können, die wir aus unserer Kindheit und Jugend noch mit uns herumschleppen. Wir erkennen, dass wir unsere Leben in die eigene Verantwortung nehmen können. All das ist so gut und wahr!

Wir erleben unsere Selbstwirksamkeit und sehen, dass es sehr wohl Alternativen gibt zum Bisherigen und dass wir die Ressourcen besitzen, die zum Lernen neuer Denkweisen nötig sind. Unsere Gefühlsverwirrung entwirrt sich, es geht uns besser.

Wir nehmen den Körper und sein Wissen hinzu und finden Wege, Blockaden zu erspüren und auch dort Alternativen zu finden, um zum Beispiel scheinbar unerklärbare Schmerzen hinter uns zu lassen. Wir erleben eine gesteigerte Lebendigkeit und Kraft.

Wir merken, wir verhalten uns anders, dies verändert so einiges in unserem Umfeld. Manches mag zunächst schwierig sein, vielleicht kommt ein Partner, die Mutter oder das Team auf der Arbeit nicht so problemlos mit bei unseren Veränderungen. Neue Konflikte können entstehen. Wir sehen uns jedoch nicht mehr als Spielball der Verhältnisse und wollen nicht mehr ungeprüft alles übernehmen, was von außen kommt.

Vieles kommt in Fluss und es geht uns besser. Wir können uns Pausen gönnen. Wir lachen freier. Wir entdecken unsere Kreativität neu. Wir freuen uns über unsere Fortschritte. Toll!

Möglicherweise bleiben scheinbar unerklärliche Reste. Warum immer noch diese Höhenangst? Warum immer noch diese Schreckhaftigkeit? Jahrelang Yoga und immer noch Gleichgewichtsprobleme? Immer wieder Verspannungen im Kiefergelenk, im Nacken? Wir zweifeln an uns, bei all den schönen neuen Ressourcen, die wir uns erarbeitet haben.

Hier kommen vorgeburtliche und frühkindliche Reflexe ins Spiel. Diese haben einmal wichtige Aufgaben zu erledigen gehabt. Sie haben unser Überleben im Leib der Mutter unterstützt, den Geburtsvorrgang, den ersten Schrei, das Erobern der Welt mit allen Sinnen, dem Krabbeln, dem aufrechten Gang. Jeder Reflex hatte seine Aufgaben. Im günstigen Fall wurde er gehemmt und verlor seine Wirksamkeit, wenn er seinen Job gemacht hatte und die frühkindliche Entwicklung weiter ging. Wenn zunehmend die reflexartigen Bewegungen von den willkürlichen Bewegungen abgelöst werden, übernehmen die höheren Hirnfunktionen. Manche Reflexe beleiben ein Leben lang sinnvollerweise erhalten, der Lidschlag, das Atmen, das Schlucken – andere behindern eine günstige Entwicklung und können bis ins Erwachsensein stören.

Symptome wie Gleichgewichtsprobleme können unterschiedliche Ursachen haben, mangelnde Reflexintergration ist eine der möglichen Ursachen. Das Gleiche gilt bei Unwohlsein bei Augenkontakt. Erscheinungen, die uns den Eindruck vermitteln, hier seien wir nicht so ok wie wir sein könnten, diese Schreckhaftigkeit, ein Geräusch in der Nacht und wir schreien innerlich Alarm – eine Ursache kann mangelnde Reflexintegration sein.

Ob es so ist, lässt sich testen. Wenn es so ist, helfen konsequent ausgeführte Übungen. Sie ermöglichen dem Gehirn eine Nachreifung durch Bewegungstraining. Eine Trainerin für Reflexintegration unterstützt bei der Hemmung der Reflexe, wodurch deren Ablösung durch höhere Funktionen des Gehirns ermöglicht wird. Das tut sie durch die Erfahrung isometrischen Drucks, abgestimmt auf die betroffenen Reflexe, den der betroffene Mensch selbst ausübt.

Das Leben kann freier gelebt werden, der Körper mehr Beweglichkeit und Sicherheit erleben und die Psyche sich beruhigen. Augenkontakt kann wohltuend empfunden werden, Lärm mit mehr Gelassenheit zur Kenntnis genommen werden, Ängste können abgebaut werden.

Um meine Kompetenzen um diesen Baustein zu erweitern, habe ich RIT, Reflexintegration gelernt, und zwar das für Erwachsene ebenso wie für Kinder und Jugendliche wichtige erste Modul dieser Ausbildung und freue mich auf alle, die da mal neugierig sein wollen und mich kontaktieren mögen!

Eine schöne Woche!

Wozu ist die Klangwoge gut? Eine Antwort und eine Übung

Zum Beispiel hilft sie bei der Ressourcenfindung. Also bei dem, was Körper und Geist stärkt und unterstützt. Das, wobei wir uns auf uns verlassen können, was wir an uns mögen und schätzen.

Zu Beginn einer Therapie oder Beratung fällt es den meisten, die zu mir kommen, schwer, sich ihrer eigenen Ressourcen bewusst zu sein. Manche sagten sogar, so etwas hätten sie gar nicht.
Einfacher ist es oft, äußere Hilfen zu herauszufinden, Aktivitäten oder auch Genüsse, die gut tun und die dafür nützlich sein könnten, die eigenen Ziele zu erreichen und sich wieder wohler in der eigenen Haut zu fühlen.

Allein – das Wissen darum genügt oftmals nicht, diese Hilfen auch für sich zu nutzen. Wann war der letzte Spaziergang, das letzte genüssliche Bad oder der letzte Besuch einer Sauna? Haben wir, als der Impuls, zum Sport zu gehen oder zum Yoga, diesem „nachgegeben“, oder war wieder irgendwas anderes wichtiger?
Wieviel können wir uns gönnen, wenn es doch so viel zu tun gibt?

Und wie oft haben wir stattdessen lieber Ablenkung gesucht, wenn wir erschöpft waren?

Die Liege hilft, den Körper auf angenehme Weise zu spüren, wir schweben auf leichten Vibrationen mit der Musik und können eine Reise durch unseren Körper unternehmen. Wir bemerken: Es gibt diese Stellen, die fühlen sich gut an! Wir hatten seit Tagen vielleicht nur noch den verspannten Nacken im Bewusstsein.

Wir bemerken, es gibt da auch Stellen, die schreien Alarm, sie benötigen mehr Beachtung. Das Knie sagt, hey, du könntest freundlicher mit mir umgehen! Mach das nächste Mal öfter Pause bei der Gartenarbeit! Die Narben des Lebens sagen, hey du könntest mich mal weniger ignorieren, eine Ölmassage ist gut für Dich und für mich, diesen verdrängten Teil von Dir! Der Bauch könnte sagen: Hier so entspannt zu liegen, das tut mir wohl! Das Herz könnte sagen, hey lass mich auch mal wehmütig sein, es gehört doch zum Leben dazu!

Und wenn wir so merken, wie es ist, den ganzen Körper in dieser Weise zu bewohnen, uns selbst zu bewohnen, dann können wir uns auch hineinträumen in die Dinge, die wir vergessen hatten: Mal wieder einen Besuch machen oder einladen, wie wäre das? Ein Bild malen, ein Konzert hören, Tagebuch schreiben… Was brauche ich aktuell gerade? Wie kann ich es mir verschaffen?

Was kann ich doch alles, bei allem, was vielleicht zurzeit schwerfällt! Mein Kopf zum Beispiel hat dafür gesorgt, dass meine Beine mich hierher getragen haben, wo ich Veränderung finden kann, hin zu dem gewünschten Erleben, zu Lebendigkeit, zu Präsenz im Hier und Jetzt.

Wir können erkennen: Das Ergebnis unserer Ressourcenfindung ist gar nicht so mager, wie wir es uns weismachen wollten. Vielleicht braucht es Zeit, das alles wieder zu leben, was in uns steckt und wovon wir dachten, wir hätten es verloren.

Das soll die Liege machen? Nein, das wäre ja Mumpitz zu behaupten! Sie ist nur ein Ort, wo solches leichter passieren kann als an einem Ort, an dem wir für gewöhnlich arbeiten, fernsehen, ein Bier trinken oder auf den Laptop starren.
Auch bei mir in der Praxis mag es einen Unterschied machen, ob Sie mit dem verspanntem Rücken, der Sie seit Tagen quält, mir gegenüber sitzen, angestrengt, bemüht um die „richtige“ Antwort, oder ob Sie sich entspannt hinlegen und bemerken, es geht nicht um Richtig oder Falsch, es geht ums Hin-Spüren.
Ein Unterschied, ob Du mir mit Deiner verborgenen Scham gegenüber sitzt, die Dich ebenso quält und die ich nicht gleich sehen soll – oder ob Du, ganz bei Dir, bequem liegst, sanft schwebend den Blick schweifen lässt und dann die Augen schließt.

Manche meiner therapeutischen Vorschläge werde ich nicht machen, so lange Sie sich Ihrer Ressourcen nicht bewusst sind, solange Du Dir deiner Ressourcen nicht bewusst bist und solange sie nicht gesichert zur Verfügung stehen. Du brauchst die stärkenden inneren Bilder, zum Beispiel die eines inneren sicheren Ortes! Das gilt vor allem für EMDR, aber nicht nur. Es ist eine ganz andere Geschichte, sich schlimmen Erinnerungen oder auch Befürchtungen zu stellen, wenn wir um diese unterstützenden Bilder wissen, als wenn wir uns dem Beängstigenden ungeschützt aussetzen.

Es geschieht eine Musterunterbrechung, wenn wir auf der Liege den Körper wahrnehmen und ihm Zuwendung geben durch Achtsames Hin-Spüren und dem Atem folgen.

Manche Menschen haben es schwer, im Gespräch auf Fragen zu ihrem Befinden zu antworten, so Aug in Aug mit der fragenden Person. Schwupp, Blockade, ich kann gar nicht antworten! Es soll schon vorgekommen sein, dass jemand gar nicht sprechen mochte. Es könnte dieser Person geholfen haben, in angenehmer Position achtsam zunächst auf sich zu schauen, bevor sie in Erzählen kommt.

Es lohnt sich, es auszuprobieren!

Aber da wahrscheinlich gerade keine Klangwoge dort ist, wo Sie sind, wo Du bist, soll es doch zumindest eine kleine Übung geben:
Dem Körper zuhören als Hilfe zur Selbstregulation (erstmal aufmerksam lesen, dann ausführen, wird nicht alles gleich erinnert während der Übung, macht das nichts, es gibt ja ein weiteres Mal!)

  1. Im Sitzen, Liegen oder Stehen (letzteres ist nur kurz möglich) spüren aller Teile, die Kontakt mit der Unterlage oder dem Boden haben. Das eigene Gewicht wahrnehmen. Freundlich, so ist es.
  2. Dem Atem freundlich folgen.
  3. Den Körper scannen, von unten nach oben oder von oben nach unten, ganz nach Geschmack, ohne Bewertung, nur wahrnehmen. Temperaturunterschiede? Unterschiedliche Anspannung? Nur wahrnehmen.
  4. Umfahren der gesamten Außenhaut mit der Aufmerksamkeit. Ein Bild des eigenen Umrisses entstehen lassen, alles ist in Ordnung, was auftaucht.
  5. Nach innen wandern, als könnten die tief in den Augenhöhlen liegenden Augäpfel nach innen schauen. Wo erwacht die Aufmerksamkeit? Verweilen, Unterschiede bemerken, weiterwandern.
  6. Taucht ein Gefühl auf, es ist in Ordnung, es darf sein.
  7. Taucht ein Gedanke auf, es ist in Ordnung, er darf sein.
  8. Vergewisserung: Ich bin mehr als dieser Gedanke. Ich bin mehr als dieses Gefühl. Da ist ganz viel von „noch mehr“ in mir!
  9. Begrüßung dieser Erkenntnis, Würdigung dieser kleinen Reise.
  10. Dem Atem folgend langsam die Umwelt wieder wahrnehmen, auftauchen.
  11. Womöglich Erfrischung spüren.

Eine gute Woche!

Psychisch aus der Spur – und kein Therapieplatz über die Krankenkasse?

Immer wieder erreichen mich Anrufe von Menschen, die nach Hilfe suchen, weil es ihnen psychisch schlecht geht und sie festgestellt haben, dass sie mit ihren bisherigen Mitteln zur Bewältigung nicht mehr weiter kommen.

Manche sind über therapie.de auf mich aufmerksam geworden, haben diese Therapeutenliste zum Beispiel von ihrem Hausarzt bekommen, andere haben mich über die Suche im Internet gefunden.

Leider kann ich nicht in jedem Fall Hilfe anbieten, denn ich kann als zur heilkundlichen Psychotherapie zugelassene Therapeutin nicht mit den Krankenkassen abrechnen. Nicht jede/r möchte oder kann die Kosten selbst tragen. Wenn gewünscht, gebe ich am Telefon Hinweise, worauf bei der Suche nach einem von der Kasse finanzierten Platz zu achten ist oder gebe Kontaktdaten von möglichen Anlaufstellen weiter, soweit ich sie habe.

Manchmal biete ich an, zur Überbrückung einige Termine bei mir zu vereinbaren, aber parallel weiter nach einem kassenfinanzierten Platz zu suchen. Denn leider ist die Suche nicht immer so rasch wie gewünscht erfolgreich.

Nun habe ich beschlossen, hier gelegentlich Internet-Adressen zu veröffentlichen, bei denen Hilfe zur Selbsthilfe angeboten wird. Ich tue dies nur dann, wenn ich den Eindruck habe, eine seriöse und empfehlenswerte Adresse gefunden zu haben.

Ich weise allerdings ausdrücklich darauf hin, dass ich weiterhin der Ansicht bin, ein Kontakt von Mensch zu Mensch sei immer vorzuziehen! Auch schließe ich jegliche Haftbarmachung aus, im Falle dass es über diese Adressen zu Erlebnissen kommen sollte, die als schädigend empfunden werden.

Dadurch, dass ich mich über die Jahre fortlaufend mit den Themen der psychischen Beeinträchtigungen und möglicher Hilfen befasst habe, komme ich vielleicht eher an solche Infos als ein akut hilfesuchender Mensch. Das ist hierbei mein Ansatz – und nur das.

Heute zwei Internetadressen des UKE:

  • Alkoholkrankheit

Das Suchtproblem angehen, Material zur Selbsthilfe, Methode der Assoziationsspaltung bzw. Entkoppelung von Reizen und Reaktionen

Quelle: Steffen Moritz & Birgit Hottenrott, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE)

Webadresse: https://clinical-neuropsychology.de/reduktion_des_suchtverlangens/ Stand 16.02.2020

Dort:  Download pdf, 41 Seiten. Nach Deckblatt, Vorwort, Bitte um Spende sind dort Informationen und konkrete Anleitungen zur Selbsthilfe mit Illustrationen zu finden.

  • Zwangsgedanken

Behandlungstechnik zur Reduktion der Intensität und Auftretenshäufigkeit von Zwangsgedanken 

Bitte beachten: Die Technik ist für folgende Personen aus der Sicht der Autoren nicht geeignet:

a) Menschen, die ausschließlich Zwangshandlungen ausführen, d.h. keinerlei vorausgehende Zwangsgedanken erleben (z.B. exzessives Waschen ohne besondere Sorge bezogen auf Verkeimung oder Ekel).

b) Menschen, die nicht zumindest teilweise die Übertriebenheit ihrer Gedanken erkennen. Betroffene, die von der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Gedanken und Handlungen überzeugt sind, werden von dieser Methode, so die Autoren, aller Voraussicht nach nicht profitieren.

Quelle: Prof. Dr. Steffen Moritz & Prof. Dr. Lena Jelinek Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE)

Webadresse: https://clinical-neuropsychology.de/manual_assoziationsspaltung_deutsch/ Stand 16.02.2020

Dort: Download pdf, 25 Seiten. Nach Deckblatt, Vorwort, Bitte um Spende sind dort Informationen und konkrete Anleitungen zur Selbsthilfe mit Illustrationen zu finden.

Einige Worte zu der dort vorgestellten Methode:

Die einführenden Informationen in den pdf helfen, sich zu orientieren, ob Sie richtig gelandet sind, Du richtig gelandet bist. Sind Sie , bist Du wirklich von diesem Problem betroffen?

Sie werden, Du wirst auch merken, ob der Text so geschrieben ist, dass du ihn gut verstehst, Sie ihn gut verstehen.

Bei Unsicherheit in einem der beiden Fälle schlage ich vor, mit einem Arzt des Vertrauens das Gespräch darüber zu suchen und / oder weiter nach einem Therapieplatz zu suchen.

Sehr kurz gefasst geht es darum, die Möglichkeiten der inneren Bilder und Gedanken zu erweitern, zu ergänzen, und zwar mit Bildern und Vorstellungen, die von Ihnen / von Dir als positiv oder eher neutral angesehen werden. Die Vorstellung dazu entspricht einem Fächer: Aufgespannt findet sich viel mehr in Ihnen, in Dir, als Deine / Ihre Zwangsgedanken bisher vorgespiegelt haben. Du kannst, Sie können die bisherigen Gedanken gelassener sehen, so, als würden Sie, würdest Du einen Schritt zurücktreten und betrachten: Aha, so also spielt sich das alles bisher in mir ab, und nun sehe ich darüber hinaus auch das und das und das…

Ein Korn war vielleicht in seiner Bedeutung bisher sehr eng geführt in Richtung Schnaps? Naja, es ist auch ein Samenkorn, Getreide, es reimt sich auf Horn … Das alles schön bebildert, so wie in diesem pdf kann auch Vergnügen bereiten!

Anstecken hieß bisher, sich anzustecken? Also Gefahr? Mit den entsprechenden Gedanken, wie die Gefahr zu bannen wäre? Naja, auch eine Anstecknadel kann im inneren Bilderreich auftauchen, Gähnen ist ansteckend …

Es geht nicht darum, sich etwas von den eigenen Gedankenverbindungen übelzunehmen, zu unterdrücken oder nun angestrengt zu versuchen, Altes durch etwas Neues zu ersetzen. Es geht vielmehr darum, zu erleben, dass die Möglichkeiten viel, viel zahlreicher sind, Gedanken und Bilder sich auch ganz anders koppeln können als bisher. Neu entdeckte Gedanken schwächen einfach durch ihr Erleben die bisherigen, die nicht zur Gesundheit beigetragen haben. Das ist die Behauptung, die in Studien erforscht und bestätigt wurde, so die AutorInnen.

Bei einem selbstschädigenden Alkoholkonsum setzt die Methode am Trinkverlangen an. Ob eine körperliche Therapie zudem oder auch zuvor nötig ist, solltest Du, sollten Sie mit Ihrem/Deinem Arzt besprechen!

Sich damit zu beschäftigen, was dort geschrieben steht, regt Sie, regt Dich möglicherweise dazu an, Mut zu fassen, dass eine Veränderung möglich ist.

Das würde mich für Dich, für Sie freuen!

Eine gute Woche!

Meine Mittellinie finden, präsent sein

„Meine Mitte finden“, dazu habe ich lange keinen konkreten Zugang finden können, ich hatte kein für mich stimmiges Bild, wo im Körper die sein könnte. Anders ergeht es mir mir der Vorstellung meiner „Mittellinie“. Diese spüre ich ganz deutlich, wenn ich sie während einer Gleichgewichtsübung benötige. Kann ich sie nicht finden, habe ich keinen sicheren Stand, fühle mich nicht ausreichend mit dem Erdboden verbunden, wackele.

In der Selbstverteidigung begegnet mir ebenfalls die Aufgabe, meine Mittellinie zu finden: Sie zu spüren, ihrer bewusst zu sein, ist bei einigen Übungen eine notwendige Voraussetzung für Standfestigkeit, ist bei vielen Körperhaltungen für den bestmöglichen Schutz grundlegend, ebenso bei der jeweils besten Verteidigungsposition und Abwehrhaltung, ergibt eine klare Außenwirkung: „Stopp!“
Soweit das Thema im Falle des Angegriffen-Werdens.

In Feldenkrais-Kursen lernte ich, ein verbessertes Gespür für meine Körperhaltung zu entwickeln, wobei es auch um innere Haltung ging. Feldenkrais ist nicht nur ein Körpertrainig, um zum Besispiel Schmerzen zu lindern, es geht weit darüber hinaus. Es schult die Selbstbeobachtung mit dem Ziel, die Lebensumstände zu verbessern: Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Bewegen sind laut Moshe Feldenkrais miteinander vernetzt, Bewegung sei Ausdruck der ganzen Person. In den Übungen möge spielerisch experimentiert werden, jede Übung nur so intensiv, wie es angenehm ist. So findet die / der Übende den stimmigen individuellen Körperausdruck, der sich richtig anfühlt und der sich anderen mitteilen kann.

Hierzu eine Mittellinienübung:
Sich locker hinstellen, die Beine leicht auseinander stellen. Mit beiden gestreckten Armen und Händen wird die Mittellinie des Körpers beschrieben, indem ein Arm nach unten zeigt, einer nach oben. Mit der inneren Orientierung an Nase, Brustbein und Bauchnabel, entlang den Körperseiten, werden die Arme nun gegenläufig nach oben und unten geführt, langsam und locker, bei gleichzeitig deutlicher Streckung in den Armen. Die Augen verfolgen die Bewegungen, bis hinauf zu den Fingerspitzen und wieder hinab. Mal mehr den Focus auf die Aufwärtsbewegung, mal mehr auf die Abwärtsbewegung lenken, beide Arme gleichermaßen beobachten, die Mittellinie spüren.

Eine weitere Übung, diese fernöstlich inspiriert: Wenn der Stand sich gut anfühlt und der Boden unter den Füßen gespürt wird, dem Atem auf seinem Weg folgen.
Dann kurz den Scheitelpunkt antippen, die Mitte der Stirn berühren, die Nasenspitze, Brustbein, Solarplexus, Nabel, dann etwa zwei Finger breit unterhalb des Nabels. Diesen letzten Bereich mit beiden Händen berühren, den Atem dorthin führen. In der Vorstellung eine Linie im Innern des Körpers vom Scheitelpunkt bis in den unteren Bauchraum ziehen, sich diese mit Farben anreichern, in sich hinein lächeln. In der Vorstellung wandern, hinauf und hinab dieser Linie, bis sie körperlich empfunden wird.
Dann leicht und behutsam um diese Linie herum den Körper drehen, nicht weit, nur ein wenig.
Zur Ruhe kommen. Nach einer Weile bewusst aufrichten und die Übung beenden.

Die folgende Übung entnehme ich – mit einigen eigenen Aktzenten – dem Buch „Somatische Psychotherapie“ von Manuela Mischke-Reeds, sie heißt „Um die Mittellinie segeln“. Wir können uns ein Segelboot vorstellen, das um einen Orientierungsstab im Wasser herum kreuzt, vielleicht eine Fahrrinnenmarkierung. Wir müssen nicht wissen, wie man kreuzt, unser Boot kann dies ganz mühelos ohne unser Zutun. Wir stellen uns die gleitenden Kreis-Bögen um den Orientierungsstab im Wasser herum einfach vor.
Nun kann es sein, dass unser Boot doch einmal vom Kurs abkommt, vielleicht eine überraschende Windböe, eine stärkere Welle. Nun braucht es unsere Hilfe.

Dazu stehen wir wieder locker und gut mit dem Boden verbunden, die Füße nebeneinander, nur leicht voneinander entfernt, schließen die Augen und lassen vor unserem inneren Auge diesmal eine Linie vom Scheitelpunkt bis hinunter zu den Füßen entstehen.
Nun stellen wir uns vor, „vom Kurs abgekommen zu sein“. Wir sagen es laut: „Ich bin vom Kurs abgekommen!“ Wir achten darauf, wo und in welcher Weise wir das im Körper spüren. Wir haben möglicherweise eine Idee, wodurch wir vom Kur abgekommen sind. Auch das sprechen wir laut aus: „Ich bin vom Kurs abgekommen, weil…“ Wenn da nichts auftaucht, macht das nichts.
Nun zentrieren wir uns neu:
Mit dem rechten Arm oder dem linken zuerst, das ist nicht wichtig, drehen wir einen vor uns ausgestreckten Arm so, dass die Handfläche zum anderen Arm zeigt. Ausatmend überqueren wir unsere Mittellinie in Richtung des anderen Arms, soweit, wie es sich gut anfühlt. Zurück in der Ausgangsposition lassen wir den Arm sinken und wiederholen die Übung mit dem anderen Arm. Wir achten auf das Ausatmen beim Überqueren der Mittellinie.
Wiederholend spüren wir Veränderungen, mit jeder Wiederholung mag etwas neu zu spüren sein. Bin ich fokussierter? Stehe ich sicherer? Das sprechen wir nun auch laut aus, wenn es geschieht. „Ich stehe sicher.“
Nach einer Weile gehen wir zu unserem inneren Bild des Segelbootes. Wir beobachten, wie es ruhig und gleichmäßig seinem Kurs folgt.

Erlauben Sie sich, erlaube Dir alle inneren Bilder, die kommen mögen! Versuche nicht, etwas zu erzwingen!

Eine zentrierte Woche!

Gewalt in der Kindheit

Szenen:
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Beide Eltern schlagen im Bett auf ihr Kind ein, weit ausholend mit den flachen Händen, egal wo sie treffen – das Kind hatte sie gestört, es hat laut geweint, es hatte vor irgend etwas Angst.

Die Mutter verfolgt ihre Tochter und schlägt sie mit dem Kochlöffel die Treppe herauf – die Tochter wollte nicht essen.

Die Kinder müssen sich in der Reihe aufstellen, der Vater gibt jedem Kind eine Ohrfeige. Es wird schon einen Grund geben.

Im Keller steht die Werkbank. Dort werden die Kinder hinbeordert, wenn sie zu spät nach Hause kommen. Der Gürtel kommt zum Einsatz.

Das Kind in der Schule hat schreckliche Angst, der Lehrer soll nichts zu Hause erzählen. Auch hier wird der Gürtel benutzt.

Der Junge zittert. – Die Erinnerung, als er auf einen Stuhl gebunden im Keller im Dunkel saß, zur Strafe für irgendetwas was er nicht verstand, überwältigt ihn immer wieder, wenn er Schritte auf einer Treppe hört.

Mutter rastete immer aus, sie hatte schlechte Nerven. Sie hat das Kind nicht geschlagen, sie schlug die Tasse auf den Tisch. Das Kind weiß, es selbst ist gemeint.

Das Kind erlebt, wie der Vater die Mutter schlägt. Es spürt seine Hilflosigkeit.



Solche Erlebnisse müssen nicht zu bleibenden (somato-)psychischen Problemen führen. Sie können. Hinschauen ist die Aktion der Wahl, wenn es um darum geht, das herauszufinden. Nicht hineinsteigern, nicht wiedererleben, nur hinschauen. Und entscheiden, wie es weitergehen soll.

Szenen, die immer wieder auftauchen, anscheinend aus dem Nichts, ohne erkennbaren Anlass, wollen Beachtung.

Die Empfindung von Unwirklichkeit oder der Eindruck, von Erinnerungen abgeschnitten zu sein, kann auf einen inneren Wunsch hindeuten, Klarheit zu schaffen.

Dies sollte behutsam und begleitet geschehen. Damit es keinen Fall ins gefühlt Bodenlose gibt.

Dass traumatisierende Erfahrungen – auch die Beobachtung von Gewaltereignissen bei anderen Menschen – im Zentralen-Nerven-System Spuren hinterlassen können, ist keine neue Erkenntnis. So schrieb die Biologin Martina Piefke (in Jacobs et. al. Neurowissenschaften und Traumatherapie, 2009 Universitätsverlag Göttingen), dass die chronische Veränderung von ausgeschütteten Stresshormonen ausschlaggebend sei für trauma- und stressverursachte Gedächtnisstörungen. Dies sind nicht die einzigen Folgen, die sich im ZNS nachweisen lassen.

Diese Information ist allerdings nicht im Allgemeinwissen so verankert, dass ein betroffener Mensch sich ohne Weiteres eingestehen kann, dass er geschädigt ist. Menschen neigen eher dazu, zu denken, sie müssten die Erfahrung, so sie bewusst ist, doch verarbeitet haben, schließlich sind sie doch nun erwachsen. Und wenn sie sich nicht erinnern, wie sollte es dann wirken?
Vielfach werden sie in mit dieser Haltung auch durch ihre Mitmenschen konfrontiert. Wenn es dann nicht gelingt, die gefühlten Beeinträchtigungen, die körperlichen Symptome oder die Verhaltensprobleme „in den Griff zu kriegen“, empfindet die / der Betroffene oftmals Scham.
Ebensowenig ist die Erkenntnis im Allgemeinbewusstsein verankert, dass solche Veränderungen wegen der Neuroplastizität (ich nenne dies etwas salopp „stetige Veränderbarkeit“) des Gehirns auch Heilung und Gesundung erfahren können. Im Grunde ist es logisch: Wenn traumatisierende Erfahrungen mich schädigen können, kann professionelle und manchmal auch einfach kundige und liebevolle Begleitung bei der Aufarbeitung auch zur Heilung führen.

Wer darauf nicht vertrauen kann, greift oftmals zu Versuchen von Selbstheilung, die nicht zur Gesundung, sondern zu weiterer Schädigung führen. Einer der Irrwege ist die Entwicklung einer Sucht. Andere sind das Ausüben von Gewalt gegen sich selbst oder andere. Denn auch die Emotionsverarbeitung ist häufig geschädigt und ebenso das soziale Verhalten.
Wie wichtig ist es daher, hier aufzuklären, zu ermutigen und anzuerkennen, dass es Heilungsbedarfe und Heilungswege gibt! Und ich spreche hier nicht von Psychopharmaka!

Jacobs et. al beschreiben in der gleichen Publikation ein Programm, das kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen mit EMDR und mit Informationsvermittlung an die Patienten verbindet. In der vorliegenden Studie zu diesem Programm kam es zu keinen Therapieabbrüchen, was für weniger vielschichtige Behandlungsansätze nicht gesichert gesagt werden kann.
Für diejenigen, die sich hier weiter kundig machen wollen: Die oben genannte Publikation ist als freie Online-Version über die Homepage des Verlags erhältlich.

Wer Betroffene kennt, manches bisher nicht verstand und auch unangemessen fand, kann vielleicht eine neue Haltung finden.

Betroffene sollten bei Beginn einer Therapie fragen, auf welcher Grundlage die Therapeutin / der Therapeut arbeitet. Es ist wie bei jeder Therapie wichtig, sich als gut informiert zu erleben und somit Vertrauen aufbauen zu können.

Tja, heute mal keine Übung, nächste Woche wieder!

Bis dahin alles Gute!

Das Gehirn und ich – unvollständige Gedanken und eine Übung

Paul Broks schreibt sinngemäß in seinem Buch mit dem irritierenden Titel „Ich denke, also bin ich tot“ * (englisch „Into the Silent Land. Travels in Neuropsychology“ 2003), dass die ersten Aufnahmen unseres Planeten aus der Mondperspektive unsere Sicht auf uns selbst verändert hätten. Es sei uns die Kostbarkeit und Verwundbarkeit unseres Zuhauses in den Blick und ins Bewusstsein gekommen.

Ebenso sei es seinen Studierenden ergangen, als er nach der Einführungsvorlesung zum Gehirn ein solches aus dem Kasten nahm. Die Sicht von außen verändere etwas in unserer Haltung.
Nun, ein Gehirn werden wir wohl selten zu Gesicht bekommen, aber vielleicht kann die wunderbare Seite im Web „3d.dasgehirn.info“ etwas Ähnliches hervorlocken: ungeheuren Respekt – und auch eine Entmystifizierung. So also siehst Du aus, Du Gehirn, hmhm. Ein Spaziergang auf dieser Seite ist für mich mehr als das Betrachten von Bildern, es liegt wohl an der transparenten Darstellung.

Wo glauben Sie, glaubst Du, sitzt das „Ich“? Das Bewusstsein, das Denken, Fühlen, die Impulse zum Handeln… Vielleicht findet der Zeigefinger gerade den Weg zur Stirn: Na hier!
Hier sitzt das Bewusstsein seiner selbst – dieser Gedanke ist seltsam. Das Gehirn denkt sich selbst.

Soweit, dass ich gedanklich das Selbstbewusstsein auf die Stirnlappen reduziere, will ich gar nicht gehen. Ich stelle mir vor, mein Gehirn sei in Gänze, aber isoliert, in einer Nährlösung mit allem versorgt, lebensfähig. Vielleicht braucht es etwas Elektrizität. Die Nervenzellen feuern, die Synapsen übertragen, die Netzwerke sind aktiv – so herausgelöst aus meinem Schädel, meinem sonstigen Körper – bin das dann Ich? Verpflanzt in einen anderen Schädel, denkend in einem anderen Körper – ICH?

Dass früher die Seele im Herzen verortet wurde, wird allgemein so erzählt, darüber fühlen wir uns erhaben, oder? Wir haben das Herz als Muskel mit Ein- und Ausgängen vor Augen und sagen: Nur ein Organ unter vielen. Obgleich wir uns beim Denken an Gefühle doch mal an der Brust berühren, manchmal am Bauch.

Unser Hirn, darin verorten wir unser Denken, soweit so gut. Ist das schon unser „Ich“? Sind wir gemeinsam auf dem Weg zu erkennen, dass das nicht alles sein dürfte?

Ist es der ganze Körper, füllt unser Ich ihn aus? Wie also werden Erkrankungen und gar Verluste am Körper unser Ich-Bewusstsein verändern? Wie auch alles Schöne, Empfindung von Gesundheit, Da-Sein mit dem ganzen Leib?

Die kalten Füße, sie gehören zum Ich, vielleicht fällt die Konzentration schwerer, auf das, was ich gerade schreibe. Im Hirn wird gefeuert: „Zieh endlich Socken an!“

Wir schauen mit unserem Bewusstsein auf unseren, in unseren ganzen Körper, machen unsere Beobachtungen, sehen ihn zum Beispiel altern, aber etwas in uns sagt: „ich bin immer noch dieselbe / derselbe!“ Alte Menschen sagen, sie seien wohl alt, aber im Inneren sehen sie sich nicht als alter Mensch. Sie sind einfach sie selbst. Wo ist es, das Selbst?

Manche Neurowissenschaftler beschäftigen sich mit solchen Fragen und Paradoxien.

In diesem Moment betritt ein lieber Mensch den Raum. Wärme durchströmt den Körper, der Leib mitsamt dem Hirn „vergisst“ die kalten Füße, die Welt hat sich verändert, mit ihr das Bewusstsein meiner selbst.

Broks schreibt in seinem Buch „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“, es gäbe keine klare Trennlinie im Gehirn zwischen inneren Vorstellungen und den Wahrnehmungen der realen, stofflichen „Welt da draußen“. Realität und Phantasie entstünden in denselben neuronalen Schaltkreisen. Sind wir mit unserem Ich mehr als unsere inneren Welten, weist unser Ich über uns hinaus? Alles hinterlässt Spuren, sogar physisch beobachtbare, Erfahrungen können Vernarbungen mit sich bringen.

Und wieder die Frage, was geschieht bei physischen Veränderungen, diesmal im Gehirn selbst? Ein Schlaganfall, oder, weniger dramatisch, unter Drogeneinfluss, wo ist unser Ich und wie ist es nun?

Dass unser Hirn unverzichtbar sei für unser Ich-Bewusstsein, ist wohl immerhin unstrittig. Mit diesem Organ oder System können wir uns selbst beobachten, verrückt, nicht wahr? Und nützlich!

Eine kleine Übung zur Selbst-Bezeugung: Zweck der Übung ist, die Wahrnehmung unserer selbst ins Bewusstsein zu bringen, Zeugin / Zeuge zu werden bedeutet, die Selbstregulation zu stärken. **

Üben wir uns darin, den Augenblick zu erfassen, bevor wir etwas tun!

  1. Unterbrechen wir, stoppen wir alles, was wir im Moment tun, drücken wir innerlich und äußerlich die Pausetaste. Jetzt!
  2. Wenn wir dies geübt haben, registrieren wir: Wie erleben wir einen solchen Moment? Wiederholen wir diesen Vorgang! Jetzt!
  3. Verfolgen wir, wie sich dies im Körper spiegelt!
  4. Verweilen wir wo wir mögen, einfach nur wahrnehmen!
  5. Nun setzen wir die Handlung fort, die wir unterbrochen haben. Gibt es Unterschiede im Erleben?

Dies integriert in den Tagesablauf stärkt unser Ich-Bewusstsein – wo immer es sei ?

Eine schöne Woche!

* Nur noch antiquarisch erhältlich

** Auf Deutsch neu erschienen: Manuela Mischke-Reeds, Somatische Psychotherapie, Lichtenau/Westf. 2019

Mein Selbstwert – wie geht es mir damit gerade?

Ja moin, ich habe heute Lust, auf den aktuellen Zustand meines Selbstwertes zu schauen. (Ja, der kann durchaus schwankend sein!) Um es gleich vorweg zu sagen: Die Ergebnisse meiner Recherche  werde ich nicht berichten. Die gehören mir allein.
Was ich berichte, sind die Fragen, die ich mir stelle. Denn: Womöglich gibt es unter den Lesenden solche, die sich auch etwas Zeit hierfür geben wollen!
Wir könnten in diesem Falle gemeinsam darüber nachdenken, was wir – jede/r für sich – über uns selbst denken.

Vielleicht finden wir Denkverzerrungen, die wir verändern möchten, weil sie uns nicht gut tun. Wenn nicht, können wir uns über uns selbst freuen, das ist ja auch mal schön!

Also los geht die Reise!

  • Hat ein mir nahestehender Mensch mich heftig für eine Kleinigkeit kritisiert, die ich vergessen habe? (Salz fehlt, oje! Das Fenster steht seit einer Stunde sperrangelweit offen! Wir haben kein Öl im Haus, keine Taschentücher, kein …, der Schlüssel liegt nicht am Platz, der Brief ist nicht eingeworfen………)

Falls ja, was habe ich gedacht? „Verdammig, ich kümmer mich doch schon um alles Mögliche und muss mich auch noch anmeckern lassen? Ich werde hier ja offenbar nicht geschätzt!“ Oder gar: „Mir gelingt aber auch gar nix mehr, auf mich ist kein Verlass, ich bin eine Enttäuschung!“

War ich dann sauer oder niedergeschlagen? Habe ich mich gestritten oder bin ich in mein Schneckenhaus gegangen?

  • Habe ich meinen Selbstwert mit der Meinung eines andern  (zu einem einzelnen Punkt und auch nur aktuell !!!) verknüpft? Habe ich mich pauschal abgewertet und sei es auch „nur“ für ein, zwei Stunden?
  • Habe ich mit meinem ganzen Körper reagiert, hing der Kopf, hingen die Mundwinkel? Ging die Stimmlage im Streit in die Höhe? Und die Schultern? Nackenschmerzen?

Oder konnte ich sagen: „Oh, das ist ja blöd, dann können wir höchstens nachsalzen, nächstes Mal will ich mich aufs Kochen besser konzentrieren!“ Hab ich das Fenster zugemacht, einfach so? Konnte ich sagen „Stimmt, das war blöd, ich werf‘ ihn morgen ein / ich hol das heut abend!“ oder „Ich schreib mir das mal lieber auf, damit ich dran denke!“ oder: „Lass mal zusammen überlegen, wo der Schlüssel sein könnte!“

Waren Leib und Seele ruhig? Ging der Tag ganz normal weiter?

  • Habe ich mich an einem Teil von mir festgebissen, der mir nicht gefällt? Hab ich die Teile, die ich an mir mag, ausgeblendet?

War mir bewusst, dass ich im Beruf andere Stärken und Schwächen entwickele als im Freundeskreis oder der Partnerschaft? Dass das bei Verwandten nochmal deutlich anders sein kann?

  • War ich fies zu xy und habe mich den ganzen Tag oder länger für das größte Mistviech auf Erden gehalten? Konnte ich in der Folge kaum unbefangen mit einem mir grad lieben Menschen lachen? Oder bin ich gar in mein Schneckenhaus gekrochen, weil ich womöglich noch mal fies bin und dann alle schlecht von mir denken – und ich dann auch?
  • Konnte ich kaum jemanden offen anschauen, hingen die Schultern und war die Brust eingefallen? Hab ich nur noch ganz leise gesprochen?

Oder konnte ich mir verzeihen: „Hatte schlechte Laune wegen was ganz anderem, werde das wieder gut machen!“ oder „Der / Die war auch fies zu mir, ich werde das ansprechen!“ oder „Den /die seh‘ ich nie wieder, der / die findet mich jetzt ganz schlimm. Na, das ist dann so, wir werden‘s beide überleben!“

  • Hab ich mir den bunten Teppich meiner selbst bewusst gemacht, als mir etwas misslang? Oder hab ich mich, vielleicht „nur“ für einen Tag für die letzte Lusche gehalten, weil …. Ich mir die Tanzschritte nicht merken konnte … die gepinselte Wand aussieht wie (na, das lassen wir lieber so stehen…) … Ich zu wenig Kraft hatte, die Kisten zu schleppen… Ich bei meiner Arbeit an einer Stelle nicht weiter weiß…
  • Oder wusste ich stets, dass das, was ich nicht konnte, womöglich immer wieder nicht können werde, nur ein Teil von vielen Teilen ist? Dass diese Teile sich nicht verrechnen lassen (müssen)? Dass ich nicht zählen muss, wieviel gute und wieviel schlechte Seiten ich habe?
  • Was sagt mir mein Spiegelbild? „Du bist Du, so isses, es ist soweit ok“?

In einer Bundestagsdebatte der letzten Woche sagte ein Abgeordneter sinngemäß, der Wert des Menschen sei nicht bestimmbar nach dem, was er / sie  tut, wo er / sie herkommt, wofür er / sie gut ist, ob er / sie  „verwertbar“ sei – der Wert eines Menschen bestünde einzig allein darin, dass er / sie
IST !

Fertig. Punkt.

Eine gute Woche!

Dauerbrenner in meiner Praxis: Nicht-Nein-Sagen

„Wenn etwas schnell gemacht werden muss, dann springe ich als erste auf und mach es.“
„Wenn ein Anruf kommt und jemand braucht Hilfe, dann schmeiße ich meine Planung um und sage zu.“
„Auf mich kann man sich verlassen, ich bin zur Stelle, wenn nach Unterstützung gefragt wird!“

Bis hin zu: „Ich bin ein Ja-Sager!“

Die Bewertung kann dann sehr negativ ausfallen:
„Mit mir kann mann es ja machen!“
„Auf meine Bedürfnisse nimmt niemand Rücksicht!“
„Es geht immer nach der Nase von anderen!“
„Ich habe keine Achtung mehr vor mir, weil ich immer zu allem Ja sage.“

Der Wunsch nach Veränderung äußert sich unterschiedlich:
„Ich will auch gesehen werden!“
„Ich will mich selbst wichtiger nehmen!“
„Ich finde es schon gut, dass ich verlässlich und hilfsbereit bin, aber ich will auch lernen, einmal Nein zu sagen!“

Der Weg zu den Zielen in der Therapie geht oft einher mit:
„Die Familie merkt, dass ich mich verändere, ich stehe mehr zu meinen Bedürfnissen!“
„Meine Freunde stellen fest, dass ich auch mal Grenzen setze!“
„Meine beste Freundin hat gesagt, ich bin garnicht mehr so lieb wie früher!“

Was kann für das unter allen Umständen Ja-Sagen die Ursache sein?

Gar nicht selten begegnet mir die Befürchtung, abgelehnt zu werden. Der Wunsch, dazuzugehören und gemocht zu sein, zumindest anerkannt, ist ein starker Motor!
Im Laufe des Lebens kann dem einen oder der anderen der Schneid abhanden gekommen sein, Ablehnung zu riskieren. Durch vielerlei äußere Ereignisse angestoßen, letztlich durch die Art und Weise der Verarbeitung dieser Ereignisse, entsteht dann ein selbstschädigendes Verhalten mit der Überschrift „Die anderen zuerst!“

Es kann auch sein, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens, manchmal schon früh, ein sehr ausgeprägtes Wertesystem entwickelt, bei dem Hilfe für andere unumstößlich an oberster Stelle steht. Lange mag man glauben, die Kosten hierfür tragen zu können, bis sich Depressionen oder Ängste zeigen, die anscheinend ohne Ursache auftauchen.

Es ist sicher lohnend, im Laufe eines Lebens das eigene Wertesystem immer wieder auf den Prüfstand zu schicken. Ganz gewiss ist es ein guter Weg zu mehr Wohlbefinden, den eigenen Wert nicht länger mit der Anerkennung durch andere zu koppeln.

Manchmal ist eine kleine tägliche Übung hilfreich, wenn es darum geht, zunächst einmal Bestandsaufname zu betreiben:

Was habe ich heute für andere schon getan?
Für die Allgemeinheit, für die Nachbarn, für die Familie, Freunde, die Kollegen, völlig Fremde?

Habe ich im Dunkeln schon die Blätter auf dem Gehweg gefegt, damit niemand ausrutscht? (Hoffentlich bin ich selbst nicht dabei ausgeglitten!)
Habe ich jemandem eine dringende Frage beantwortet, zum Beispiel nach der besten Busverbindung? (Fuhr mein Bus derweil weg und mein Termin war geplatzt?)
Habe ich einer Kollegin die Arbeit abgenommen, obwohl mir das eigene Projekt im Nacken sitzt? (Hätten wir zusammen zur Leitung gehen können und mehr Zeit einfordern?)
Habe ich auf facebook alle, aber auch alle Kontakte gepflegt? (Es soll sich ja jede/r gewürdigt fühlen…. Oh, soviel Zeit schon um!)

Ach, wenn es auch nur entfernt Ihr Thema ist, Sie kennen passende Beispiele!
Ach, wenn es auch nur entfernt Dein Thema ist, Du kennst passende Beispiele!

Der Hebel kann angesetzt werden bei der Frage: Waren die Kosten für mich im Einzelfall zu hoch?
Die Frage kann lauten: War es in der Summe heute schon so viel, dass es Zeit wird, die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu holen?
Die Überlegung kann sein: Ich will auch weiterhin nett und hilfsbereit sein, aber nicht mit dem Ziel, meinen Selbstwert zu füttern… Denn dann bin ich frei in meiner Entscheidung, was im Einzelfall Vorrang hat.

Maxime: „Sag nicht Ja, wenn Du Nein meinst!“

Gute Antwort: „Ich möchte lieber nicht!“

Eine gute Woche!