Archiv für den Monat: Dezember 2017

Eine kleine Geschichte vom Helfen

Von dieser Geschichte ist mir der Verfaser nicht bekannt – gerne nehme ich Hinweise dazu zur Kenntnis!

Der verkrüppelte Schmetterling

Ein Mann beobachtet, wie ein Schmetterling durch das schmale Loch seines Kokons zu schlüpfen versuchte und sich dabei abmühte. Lange kämpfte der Schmetterling. Schließlich bekam der Mann Mitleid, holte eine kleine Schere und öffnete damit ganz vorsichtig etwas den Kokon, sodass sich der Schmetterling leicht selber befreien konnte.
Aber was der Mann da sah, ließ ihn erschrecken. Der Schmetterling war ein Krüppel. Er konnte nicht richtig fliegen, stürzte immer wieder ab. Auch auf seinen Beinen konnte er sich nicht halten.
Der Mann erzählte einem bekannten Biologen davon und wie er dem Schmetterling geholfen hatte. Der Biologe antwortete ihm:
„Das war ein großer Fehler, du hättest ihm nicht helfen dürfen. Du hast den Schmetterling zum Krüppel gemacht.“
Der Mann wollte dies nicht glauben. Der Biologe fuhr fort:
„Durch die schmale Öffnung im Kokon ist der Schmetterling gezwungen, sich durchzuzwängen. Erst dadurch werden seine Flügel aus dem Körper gequetscht. Und deshalb kann er richtig fliegen, wenn er es aus seinem Kokon geschafft hat.“
Der Mann wurde nachdenklich.
„Weil du ihm den Schmerz und die Anstrengung ersparen wolltest, hast du ihm zwar kurzfristig geholfen, aber für sein Leben nichts Gutes getan – im Gegenteil!“

Autor unbekannt

 

Eine kleine Geschichte vom Behüten

Die Geschichte ist von Ortwin Meiss, Milton Erickson Institut Hamburg.
Hat er so mal einer Mutter erzählt, die allen Unbill von ihrem Sprössling fernhaften wollte

Der Baum

Ein Gärtner beabsichtigte einen schönen neuen Baum zu pflanzen. Er sollte die be­sten Vor­aus­set­zun­gen zum Wach­sen ha­ben, ein­fach die be­sten, die ein Baum nur ha­ben kann. Al­so hob er­ weit­räu­mig um­ die Ein­pflan­zungs­stel­le den Bo­den aus und ent­fern­te al­le Stei­ne und al­les was den Wur­zeln des Bau­mes im We­ge sein konn­te.

Dann nahm er die wei­ch­ste und locker­ste Er­de, die zu fin­den war, und schüt­te­te sie in die vor­ge­gra­be­ne Ver­tie­fung und setz­te den jun­gen Baum hin­ein. Die Wur­zeln soll­ten es so leicht wie mög­lich ha­ben, sich ih­ren Weg zu bah­nen. Ja sie soll­ten sich un­ge­hin­dert ent­fal­ten kön­nen und sich nicht durch har­ten Bo­den kämp­fen müs­sen, und kein Stein, soll­te ih­re Bah­nen stö­ren.

Der Baum wuchs schnell in die wei­che Er­de hin­ein und be­gann sei­ne Wur­zel in ihr aus­zu­brei­ten und mit al­ler Kraft schoß er in die Hö­he. Der Gärt­ner sah es mit Freu­de, gab dem Baum die be­ste Dün­gung und schnitt ihm den Weg zum Licht frei, in­dem er al­le Pflan­zen in der Um­ge­bung be­sei­tig­te. So brauch­te der Baum sich nicht mü­hen und hat­te Nah­rung, Licht und Hel­lig­keit im Über­fluß. Schließ­lich war er zu be­trächt­li­cher Hö­he em­por­ge­schos­sen.

Da ge­schah es, daß ei­nes Ta­ges ein gro­ßer Sturm her­an­zog und mit ge­wal­ti­gen Böen über das Land brau­ste. Der Wind griff nach dem Baum und zerr­te an sei­nen Zwei­gen und Ästen und da­ die Pflan­zen in der Um­ge­bung al­le kurz ge­hal­ten wa­ren, traf ihn die Ge­walt des Stur­mes schutz­los.

Gleich­falls wä­re es für ei­nen Baum die­ser Grö­ße ein Leich­tes ge­we­sen, dem Sturm zu wi­der­ste­hen, doch die Wur­zeln grif­fen nur in wei­chen Bo­den, fan­den kei­nen Halt und kei­nen Stein, den sie um­klam­mern konn­ten. Nir­gend­wo hat­ten sie sich durch­ge­kämpft, nir­gend­wo sich Platz schaf­fen müs­sen. So drück­te der Sturm den schö­nen Baum zur Sei­te, riss ihn mitsamt sei­nen Wur­zeln aus und warf ihn zu Bo­den.

Ortwin Meiss