Bin ich krank, wenn ich denke, ich sollte mir Hilfe holen? Bin ich krank, wenn ich mich unruhig und durcheinander fühle? Ich bin irgendwie aus dem Tritt, wie fast alle Menschen mindestens einmal im Leben. Krank? Wer definiert, ob ich krank bin?
Mag sein, ich sage, ich glaube, ich bin krank, wenn ich einfach unendlich erschöpft bin. Das kann viele Ursachen haben. Mag sein, ich sage schon auch mal, ich glaube, ich werde krank, wenn ich mir etwas Pflege und Aufmerksamkeit wünsche.
Mag sein, jemand sagt zu mir: Du bist doch nicht krank, und will damit meine Schwäche oder Bedürftigkeit nicht anerkennen. Wer definiert, ob ich krank bin?
Manchmal sage ich vielleicht: Ich bin doch nicht krank, weil ich mir keine Pause vom Tun zugestehen will. Manchmal sagt jemand: Sie sehen aber krank aus, und ich ärgere mich, weil ich mich nicht krank fühle und mein Aussehen mir bis gerade eben kein Problem war . Wodurch ist Krankheit definiert?
Wichtig wird es, wenn ich eine Kur, eine Krankheitsbescheinigung, irgendeine Hilfe in Form von Verordnungen, seien es Massagen oder Medikamente, brauche oder haben möchte. Dann können und müssen andere definieren, ob ich krank bin. Ich bekomme die Kur nicht, die Kasse weiß es besser… Ich soll dieses Medikament nehmen, der Arzt kennt meine Krankheit… Haben Sie schon mal mit einem Arzt besprechen wollen, ob Ihr Missempfinden Krankheitswert hat? Das kann eine anstrengende Gesprächssituation werden! (Glücklicherweise habe ich seit Jahren eine Ärztin, mit der das Gespräch selbstverständlich ist – aber ich erinnere mich an weniger schöne Erfahrungen…).
Psychisch krank – das k a n n entlastend sein, wenn endlich das Eingeständnis dazu möglich ist und Verständnis folgt. Wenn statt „Reiß Dich doch mal zusammen! Andere haben auch Probleme!“ eine Diagnose gestellt wird: Hier braucht jemand fachliche Hilfe, das geht nicht von alleine weg, dann kann sich der leidende Mensch auf den Weg machen, zur Gesundung.
Als psychisch krank definiert zu werden, kann aber auch eine Belastung sein, dann nämlich, wenn wir uns einfach nicht gut fühlen und etwas Unterstützung brauchen. Eine Auszeit, um wieder auf die Beine zu kommen, braucht das nur der Kranke? Kann es nicht auch sein, dass diese Auszeit eine Erkrankung verhindert? Luft holen, achtsam sein, zu mir kommen, wer braucht das nicht von Zeit zu Zeit? Und wenn jemand dies recht oft braucht, ist er dann krank? Menschen sind verschieden und nicht alles unterliegt dem Willen.
Schön wäre, wir könnten auf den Krankheitsbegriff verzichten. Die Krankenkasse wird aber weiterhin Diagnosen wollen. Da kann eine Erschöpfung schon mal zur Depression werden im Diagnoseschlüssel…
Mir genügt, denn ich kann ja nicht über die Krankenkasse abrechnen als Heilpraktikerin für Psychotherapie, dass wir darüber sprechen, wie S i e es nennen, weswegen Sie zu mir kommen. Wir schauen gemeinsam. in welche Richtung Sie gehen wollen und ich schaue, ob ich Ihnen dabei helfen kann.
Und nur, wenn ich zu dem Schluss komme, dass dies nicht der Fall ist, denke ich mit Ihnen gemeinsam darüber nach, ob eine ärztliche Hilfe die richtige Maßnahme wäre.
In manchen Fällen mag es sein, dass Sie bereits mit einer ärztlichen Diagnose versehen sind – dann ist es gut und richtig, mir das zu berichten. Dann schauen wir gemeinsam, wie es weiter geht.