Heute möchte ich zu Ihnen etwas über Dankbarkeit schreiben. Beginnen werde ich mit einer Übung von Irvin D. Yalom, In die Sonne schauen. Wie man die Angst vor dem Tod überwindet. Darin schreibt er in Kapitel 5 – Todesangst durch Beziehung überwinden und den „Welleneffekt in Aktion“ über die Dankbarkeit folgendermaßen: „Viel zu häufig wird die Dankbarkeit dafür, dass ein Mensch einflussreiche Wellen in die Welt ausgestrahlt hat, nicht zu seinen Lebzeiten ausgedrückt, sondern findet nur in seinem Nachruf Erwähnung. Wie oft hat man sich bei Begräbnissen schon gewünscht (…), die Toten möchten anwesend sein, um die Nachrufe und Dankbarkeitsbezeugungen zu hören?“
Yalom hat bei einem Workshop von Martin Seligmann dazu eine Übung gefunden, die ich als sehr wertvoll einschätze, zunächst einmal für uns selbst und unser Bewusstsein über die guten Gründe für Dankbarkeit. Der letzte Teil der Übung erfordert schon etwas Mut, denn in unserer Gesellschaft ist es ein ungewöhnlicher Schritt, so zu handeln. Ich meine, es könnte einiges in unserer Zwischenmenschlichkeit zum Guten verändern, wenn wir dergleichen häufiger wagten!
„Denken Sie an jemanden noch Lebenden, gegenüber dem Sie eine große Dankbarkeit verspüren, die Sie nie ausgedrückt haben. Verbringen Sie zehn Minuten damit, dieser Person einen Dankesbrief zu schreiben, und dann tun Sie sich mit jemandem […] zusammen [die / der dies auch so getan hat, Erg. von mir], und jeder von Ihnen liest seinem Brief dem anderen vor. Der letzte Schritt ist, dass Sie dieser Person irgendwann in der nahen Zukunft einen persönlichen Besuch abstatten und ihr diesen Brief laut vorlesen.“
Wenn Sie dies lesen und Sie sich Gedanken machen von der Art, etwa „So jemanden kenne ich gar nicht!“ – dann bitte ich Sie, sich etwas mehr Zeit zu geben bei der inneren Suche.
Wenn Sie denken, dass Sie sich das nicht trauen mögen zu tun, dann schauen Sie bitte gründlich nach, was Sie hindert, sich zu überwinden und was Ihnen helfen könnte, es doch zu tun!
Wenn Sie denken, dass Sie alle Dankbarkeit an andere Personen schon ausgedrückt haben, dann, ja dann bitte ich Sie, zu prüfen, ob Sie sich genügend bei sich selbst bedankt haben. Ich bin fast sicher, da finden Sie reichlich Stoff zum Briefeschreiben!
Gute Erfahrungen damit wünsche ich Ihnen!
Ulrike Roderwald